Portal  •  Forum  •  Profil  •  Suchen   •  Registrieren  •  Einloggen, um private Nachrichten zu lesen  •  Login   

 Erziehung mit Gewalt

Neues Thema eröffnenNeue Antwort erstellen
Autor Nachricht
langer_fluss
Gast




Alter: 43
Anmeldungsdatum: 03.02.2013
Beiträge: 4


blank.gif

BeitragVerfasst am: 03.02.2013, 14:59    Erziehung mit Gewalt Antworten mit ZitatNach oben

Ich möchte gerne das Thema starten, wie ihr erzogen wurdet. Wie geht ihr momentan als in der Familie lebende Jugendliche oder mittlerweile als Erwachsene damit um?
Ich denke an die Beiträge von redtomato und minh92.

Meine Eltern kamen in den 80er Jahren von Vietnam nach Deutschland. Wir drei Kindern sind in Deutschland geboren und aufgewachsen. Es gab nur wenige vietnamesische Familien in der Umgebung.
Meine Eltern haben uns Kinder sehr streng erzogen. Dass wir nicht bei Erwachsenenunterhaltungen reden dürfen, dass wir nicht widersprechen dürfen, dass wir immer gehorchen müssen und keine Erklärungen bekommen.
Ich verstehe daher sehr gut Wut und ein wenig Hass auf Eltern, wenn man gerade geschlagen wurde.
Denn: durch die strenge Erziehung hätten auch Worte, meinetwegen harte Worte gereicht. Viele Kinder haben oder hatten ja sowieso ziemliche oder ein wenig Angst (=Respekt??!) vor den Eltern, je nachdem wie hart ihre Methoden sind. Daher waren Schläge aus meiner Sicht eigentlich sinnlos und verschüchterten uns ohnehin recht brave Kinder.
Im Vergleich zu deutschen Strafen, wie z.B. Fernsehverbot, Hausarrest, mal eine Watsche oder den Hintern mit der flachen Hand versohlt zu bekommen, waren vietnamesische Strafen wesentlich schmerzhafter. Deutsche Kinder spielen Nachbarn einen Streich und bekommen Hausarrest, vietnamesische Kindern wird ein frecher Ton unterstellt und werden gleich geschlagen und müssen dann in der Ecke knien.
Wer hatte als Kind keine Angst vor dem Kochlöffel?!

Mit dem Studium habe ich erstmal halb Deutschland zwischen meine Eltern und mich gebracht.
Mit der räumlichen Distanz und über zehn vergangenen Jahren habe ich einige Dinge erkannt, die ich vorher nicht sah und einiges gefiel mir gar nicht.
Was ich meinen Eltern zuspreche ist, dass sie uns Kindern immer zeigten, dass sie uns wirklich lieben und ich weiß, dass sie uns so erzogen haben, weil sie dachten, dass es wirklich das Richtige ist. Im Gegensatz zu uns wurden unsere Eltern, Tanten und Onkel in Vietnam ja teilweise halb tot geprügelt und viel schlimmer und achtloser behandelt!
So sieht es aber in der fünfziger Jahren in Deutschland auch teilweise aus. Wer Freunde gefragt hat, wie sie bestraft wurden und wie im Vergleich ihre eigenen Eltern oder Großeltern von Eltern oder Lehrern bestraft wurden, weiß Bescheid.

Nun sind meine Eltern älter und ich weiß auch, dass ihnen einige Sachen in der Vergangenheit leid tun, weshalb ich mit ihnen nicht darüber rede. Sie sollen die nächsten Jahre lieber lachend als bereuend mit uns verbringen:) Auch das ist Teil des Nicht-über-bestimmte-Dinge-reden! Als Erwachsener schiebe ich meine Eltern nicht für irgendwas in der Vergangenheit vor (auch die Schläge nicht), sondern bin selbst für mein Handeln verantwortlich.

Jeder verarbeitet Dinge, die er erlebt anders. Nur durch Verdrängung und Gleichgültigkeit habe ich mit der Gewalt in der Familie umgehen können. Dann habe ich erkannt, dass ich das getan habe, was ich bei meinen Eltern erlebte und selbst ablehnte.
Das Allerschlimmste an der Sache ist, dass ich als Opfer die Gewalt an mir und die "Machtausübung" von meinen Eltern selbst dadurch bewältigt habe, indem ich sie an meinen beiden jüngeren Geschwistern ausübte. Wer älter ist, hat das Recht und das Sagen.
Ich habe die letzten Jahre damit verbracht, damit umzugehen, dass ich ein schlechter Mensch bin. Ich habe mich gefragt, ob ich als schlechter und grausamer Mensch geboren wurde.
Mittlerweile habe ich erkannt, dass ich das, was mir vorgelebt wurde schon als kleines Kind einfach nachmachte, für richtig und normal hielt und dass ich nichts dafür kann. Ein Zeichen dafür war auch, dass ich mich außerhalb der Familie nicht so verhielt, sondern nur innerhalb der Familie.
Erst mit dem Abstand von Raum und Zeit konnte ich erkennen, was damals passiert ist.
Mit meinen Geschwistern habe ich darüber geredet. Verzeihen ist nicht das richtige Wort, aber jeder versucht sein Leben selbst zu gestalten und nicht in der Vergangenheit zu leben. Jeder baut sich nun seine eigene Familie auf.
Hätte ich als Kind schon erkennen können, was passiert ist und stattdessen meine Geschwister beschützen können? Ich denke nicht.
Wenn es niemanden gibt, mit dem man über wichtige und schwierige Geschehnisse im Leben reden und keine Gedanken oder Meinungen von anderen Menschen dazu erfahren kann, ist es eigentlich fast unmöglich.
Das ist doch so typisch bei Problemen innerhalb der Familie, zu oft redet man nicht richtig miteinander. Keine Zeit, keine Lust, kein Bedarf, keine Einsicht,...

Ich sehe das Problem in der Struktur: das Weitergeben von festgefahrenen Denkmustern und Handlungen (absolute Bestimmung über ein Kind, auch aus Liebe & durchgesetzt durch Drohung und Schläge), wenn nicht darüber nachgedacht wird, was man denn da gerade macht.

Wie ist es euch ergangen? Wie seht ihr eure Familie und euch selbst? Früher und heute?

...und beschimpft mich bitte nicht. Ich ziehe nicht über meine Eltern her, sondern sehe uns alle als Teil eines veralteten und unangemessenen Systems (da wir in Deutschland sind und bleiben), als Opfer und Täter zugleich.

OfflineBenutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht senden    
csba
Moderator





Anmeldungsdatum: 02.06.2012
Beiträge: 983


blank.gif

BeitragVerfasst am: 03.02.2013, 20:51    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

@langer-fluss,

zuerst einmal ein "Dankeschoen" fuer Deine Offenheit und dass Du uns an Deiner Vergangenheit (zumindest ein Stueck Deiner Erziehung!) teilhaben laesst! Das sind sehr persoenliche Dinge, die Du von Dir gibst und nicht viele Menschen wagen es, dies so offenherzig von sich preiszugeben!

Zunaechst moechte ich Dir erzaehlen, dass Dein Fall "kein" Einzelfall ist. Im Gegenteil! Viele vietnamesische Kinder, die in Europa aufgewachsen sind, haben in ihren eigenen Familien eine aehnliche "Pruegel-Erziehung" genossen (wenn man hier ueberhaupt vom "Genuss" sprechen darf!). Und manchmal habe ich es sogar mitansehen muessen.

Oftmals sind viele vietnamesische Eltern bei der "gewaltaetigen" Erziehung ihrer Kinder "unwissend". Es sind "Strukturen", die sie selbst von Ihren Eltern uebernommen haben und welche sie an ihren Kindern weiterzugeben pflegen usw. (wie Du es ja , laut Deinen Formulierungen, im Umgang mit Deinen juengeren Geschwistern, an Dir selbst beobachtet hast!). Selbst im "Nachhinein" wollen viele Eltern es nicht eingestehen, dass sie in der Erziehung als Elternrolle vieles "falsch" gemacht haben. Dafuer verlangt es "Selbstreflexion" und "Selbst-Einsicht"! Dies erfordert aber grosse, persoenliche Reife, eine Art Selbst-Erkenntnis, die meiner Meinung nach und je nach "Selbst-Erkenntnis-Graden" sehr wenigen Menschen auf dieser Welt vorbehalten ist.

In Vietnam geniessen, wie Du richtig geschrieben hast, sehr viele Menschen eine sehr strenge konfuzianische Erziehung. Hier herrscht eine sehr strikte hierarchische Altersstruktur und im Zusammenhang dessen auch eine sehr strenge Machtstruktur, von "Oben" nach "Unten" herabgeregelt. D.h. "der Aeltere" hat "in der Regel" "immer" "Recht", auch wenn ER "selbst" im "Unrecht" ist. Und so funktioniert auch "in der Regel" die vietnamesische Gesellschaftordnung nach "konfuzianischem Erziehungsmuster".

Viele Kinder, die in Europa mit beiden Kulturen aufgewachsen sind, erleiden gerade deswegen einen Widerspruch in sich selbst, meistens dadurch, weil sie zum einen in der Schule und in ihrem europaeischen Freundeskreis ganz "andere" Werte erleben und zum anderen, weil ihnen in der eigenen Familie ganz andere, gegensaetzliche Normen auferlegt werden. In der Regel stehen "westliche Werte" (bei der Erziehung von Kindern und Jugendlichen) zu "konfuzianischen Erziehungsnormen" sehr stark im Widerspruch! Die "westliche Paedagogik" will von den Eltern eine "liberale und vor allem gewaltfreie Erziehung". Eltern oder Lehrer in der Schule koennen heute sogar fuer eine "Gesunde Ohrfeige" (wie man es noch vor wenigen Jahren "so" nennen konnte!) heute rechtlich geahndet werden. Vietnamesische Kinder oder Jugendlichen koennen sich nicht einmal nach einer "ordentlichen Tracht Pruegel" einen Gedanken verschwenden, ihre eigenen Eltern anzuzeigen, weil...und...aus irgendwelchen Gruenden auch immer!

Soviel "ich" weiss leiden sehr viele vietnamesische Kinder darunter, besonders diejenigen, deren soziale Faehigkeiten noch nicht so besonders entwickelt sind. Und viele, die ich kenne, haben auch wirklich niemanden, dem sie ihren Kummer oder ihr Leid anvertrauen koennen. In der "westlichen" Kultur sprechen die Kinder mit ihren Eltern darueber. In der "vietnamesish-konfuzianischen" Erziehungswelt ist diese "Dialog-Kultur" ein Tabu. Solche Kinder fuehlen sich zumeist auch irgendwann einmal sehr "einsam", zumindest fuer eine "unbestimmte" Zeitperiode. Und die Pubertaet macht sie zumeist auch wirklich zu schaffen. Es kommt naemlich noch das "Identitaetsproblem" hinzu. Fragen wie: "Wer" oder "Was" bin "ICH". Bin ich Deutscher/Franzose/Norweger/Oesterreicher/Schweizer oder "BIN" "ICH" VIETNAMESE? Oder bin ich ein "Zwischendrin"?! Oftmals werden solche Fragen mit "Ich weiss es nicht!" beantwortet. Durch "direkte" und "indirekte" Diskriminierungen (zumeist aufgrund von "Hautfarbe") wird dieses Identitaetsproblem auch noch zusaetzlich erschwert.

Wichtig aber ist, dass Du einen Ansprechpartner findest, mit dem Du das alles "verbal" mitteilen kannst. Das kann entweder der beste dt. oder vn. Freund sein, dem man seine Sorgen und Probleme anvertraut und wo man weiss, dass man "sicher" aufgehoben ist. Oft hilft auch nur eine "Logotherapie", wo dies alles verarbeitet werden darf.

Ich persoenlich finde es "sehr positiv", dass Du es irgendwann erkannt hast, dass es wichtig ist, mit Deinen Geschwistern ueber Eure gemeinsame Vergangheit zu sprechen. Meinen beobachtungen nach schaffen es nur wenige Geschwister innerhalb derselben Familie ueber geschehenes "Recht" und "Unrecht" in der Erziehung ihrer Eltern zu sprechen. Wichtig aber vor allem ist es, dass man darueber sprechen kann. Ewiges Verdraengen kann ziemlich f a t a l e Folgen mit sich ziehen, wie ich es auch bei einigen Faellen beobachtet habe. Aber auch das V e r z e i h e n und V e r g e b e n ist dringend notwendig fuer die eigene mental-geistig-psychisch-"gesunde" Weiterentwicklung.

Ich wuenschste, viele vietnamesische Kinder, einst erwachsen geworden, haben dieselbe Erkenntnis gemacht, "die" Du an Dir "selbst" entdeckt hast.

Alles Gute auf Deinem weiteren Lebensweg!!

csab

OfflineBenutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht senden    
langer_fluss
Gast




Alter: 43
Anmeldungsdatum: 03.02.2013
Beiträge: 4


blank.gif

BeitragVerfasst am: 04.02.2013, 19:52    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

@csab

Vielen Dank für deine Rückmeldung und Ermutigung!
Ich konnte meine Erfahrung auch nur schreiben, weil ich durch das Forum erkannt habe, dass ich kein schlechter Mensch bin und möchte, dass andere auch erkennen, dass sie in einer bestimmten Struktur und einem System leben.
Wenn ihr von daheim auszieht, könnt ihr euch frei fühlen. Erst mit viel, viel Abstand zu den Eltern könnt ihr euch selbst wahrnehmen und die Eltern auf eine andere Art annehmen.
Mit Abstand können sie auch eure Entscheidungen und euch endlich als Erwachsene akzeptieren.

Lasst euch nicht in Studienfächer, Ausbildungswahl oder bei der Partnersuche reinreden, denn ihr müsst damit leben.
Keiner sollte dann als alter Mensch zu seinen hochbetagten Eltern sagen, dass dieses oder jenes nur passiert oder verpasst ist, weil man es für sie gemacht hat.


Durch die Erfahrungen mit der deutschen Kultur außerhalb der Familie kommen vietnamesische Kinder in die Situation, dass sie in zwei Welten leben und diese nicht immer gut miteinander vereinen können.

Ich bin interessiert daran, wie andere eine Lösung gefunden haben um mit sich, den Eltern und dem vietnamesischen Hintergrund ins Reine zu kommen oder auch nicht.

Ich gebe meinen Eltern keine Schuld und habe es auch geschafft meine starke Abneigung gegen die vietnamesische Kultur als Sündenbock abzulegen, die ja nicht direkt etwas mit meinen Erfahrungen zu tun hat.

OfflineBenutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht senden    
amaleika
Gast





Anmeldungsdatum: 17.09.2012
Beiträge: 56


germany.gif

BeitragVerfasst am: 17.08.2013, 09:53    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Hallo,


ich durfte als deutscher auch eine "strenge" Erziehung "geniessen".

Ich bin 1973 geboren meine Eltern waren Kriegskinder und hatten denke ich mal eine noch härtere Erziehung genossen.

Mit dem Schlagen ist es fast ein Teufelskreislauf.

Ich hatte große Angst, dass ich später auch so werde und auch meine Kinder schlage. Ich bin froh dass ich dies bei meinem ersten Sohn (9 Jahre) nicht getan habe und ich habe dadurch auch die Angst verloren in die gleichen Strukturen wie meine Eltern zu fallen.

In meiner Vietnamreise sah ich viele Szenen mit Kindern, welche mir aus meiner eigenen Kindheit noch bekannt waren. Ich hoffe, dass sich hier auch mit der Zeit Veränderungen einstellen.

Meine Mutter ist verstorben, mein Vater lebt noch. Das Verhältnis ist gut aber in dem einem Punkt wird auch von beiden Seiten eisern geschwiegen. Keiner spricht das Thema an um nicht die Beziehung zu belasten.
Ich persönlich habe meinem Vater verziehen das geht leicht, Vergessen habe ich die Schläge nicht.


Meine vietnamesische Verlobte kommt bald, ich hoffe es zumindest, mit unserem 2 Monate alten Sohn nach Dtl. Ich werde alles daran setzen, dass unser Kind Gewaltfrei aufwächst.

mfg


Arthur

OfflineBenutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht senden    
Schierkerfeuerstein
Gast



Geschlecht:
Alter: 41
Anmeldungsdatum: 01.09.2013
Beiträge: 11
Wohnort: Hildesheim


germany.gif

BeitragVerfasst am: 01.09.2013, 21:05    Bin neu hier Antworten mit ZitatNach oben

Hi bin neu hier und heiße Dirk,

ich bin in Ostdeutschland Groß geworden, genau in Halberstadt, nicht weit von Niedersachsen Goslar, diese Richtung.
Gewohnt haben wir in einer Plattenbausiedlung, aber es war human kein Getto, dort lebte ich 18 Jahre. Von 1982 bis 2000.
Als ich Kind war gab es oft Streitigkeiten zwischen meinem Eltern die sehr laut waren. Heute glaube ich das mein Vater an Depressionen litt.
Ein Bruder habe ich, er ist 6 Jahre älter, wir mussten uns 1 Zimmer Teilen.
Gewalt blieb dort auch nicht aus, so das man hinterher anders aus sah um es nicht direkter zu sagen.
Mein Vater brachten kleinigkeiten zum toben meine Mutter litt.
Mein Bruder hatte Probleme mit den Mitschülern und Lehrern, was sich später
gab.
Ich war meist eher Schüchtern und zurückhaltend.

Mit 17Jahren begann ich eine Ausbildung zum Bäcker, in Andreasberg im Harz. Eigene Wohnung, eigenes Geld.
Ich habe mich sehr wohl gefühlt, mit sehr guten Leistungen abgeschlossen die Ausbildung.
Meine Eltern habe ich alle 2 Wochen gesehen 60km Distanz.

Dieser Abstand, war gut.

2 Jahre Konditorlehre hinterher.

Nun wohne ich in Hildesheim und bin erwachsen 31 Jahre.
Mein Vater ist 3 Jahre Tod und meine Mutter hat einen neuen Freund.
Sie verstehen sich harmonisch gut, es ist eine Familie wie ich es vorher nicht kannte. Mein Bruder und ich, wir reden heute noch wenig miteinander, er wohnt auch in Rheinland Pfalz, dass trennt uns.

Wir alle machen unsern Weg, eine gewisse strenge von Eltern ist nicht verkehrt, damit man disziplin lernt und Ordnung.

Viele Eltern meinen es nur gut, man muss auch stark sein im Leben.

OfflineBenutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht senden    
csba
Moderator





Anmeldungsdatum: 02.06.2012
Beiträge: 983


blank.gif

BeitragVerfasst am: 01.09.2013, 21:09    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

@ Schierkerfeuerstein,

erstmal herzlich willkommen im Forum! Und vielen Dank fuer Deine persoenlichen Erzaehlungen!

csba

_________________
γνῶθι σεαυτόν - Erkenne Dich selbst!

OfflineBenutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht senden    
Hausdrache
Gast



Geschlecht:

Anmeldungsdatum: 08.07.2013
Beiträge: 36


germany.gif

BeitragVerfasst am: 30.09.2013, 09:39    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Hallo,

auch wenn langer_fluss dieses Thema schon vor lange Zeit eröffnet hat, ist dieses Thema für viele Vietnamesen noch aktuell.

Ich kam mit neun nach Deutschland. Mein Vater kam als DDR- Hilfsarbeiter nach Deutschland. Ich genoß bis dahin die mütterliche Erziehung. In Vienam darf man Kinder züchtigen. Und ich denke jeder kennt das, mit dem Stock auf dem blanken Arsch. Ich emfand es als schlimme Zeit. Nun, als ich in Deuschland war konnten mir meine Eltern nicht in der Schule helfen, aufgrund beruftlichte Pflichten. Sie waren meisten um sechs Uhr früh bis 21 Uhr nachts unterwegs. Man hatte kaum miteinnander geredet und wenn sie mal später heim kamen, hatte ich etliche Tränen geweint aus Angst ihnen ist etwas passiert. Da meine Eltern nie zu Hause waren, habe auch zum Teil die vietnamesische Sprache vergessen! Ein Jahr nach dem wir in Deuschland waren, bekam ich einen Bruder. Auf dem müsste ich aufpassen, bis meine Eltern wieder von der Arbeit zurück kamen. Wenn Papa einen schlechten Tag hatte, bekam ich es zu spüren, auch wenn ich super lieb war. Und bei mir kamem Wasserflaschen, Kochlöffel, Fleischmesser und selbst die blose Hand schon mal zum Einsatz.
Mit sechszehn hat mein Körper sich gegen die Gewalt gewährt. Ich bin aus dem Elternhaus ausgezogen, habe eine Wohnung gefunden und hab Abitur gemacht. Dort lernte ich meinem jetzigen Freund kennen und ich wurde Schwanger. Mein Vater ist ausgerastet, weil ich meinem Freund nicht ihn vorgestellt hab und wir ein uneheliches Kind gezeugt haben! Naja, davor habe ich meinen Eltern immer Versuch ihn meinen Partner vorzustellen, aber sie haben mir verboten mich mit ihn zu treffen und sie drohten mir, mich dort zu behalten und nicht mehr zur Schule gehen zulassen. Je mehr meine Eltern mich eingeengt haben, desto mehr steigerte ich mich dort hinein. Die Tatsache dass ich Schwanger war, hielt mein Vater für Demütigung und wollte mich aus dem Verkehr ziehen, wäre damals nicht meine Mutti da gewesen und ihn davon abgehalten, so wäre ich vielleicht nicht mehr am Leben( so wie es türken machen würden). Jetzt ist das Kind da und meine Eltern sind glücklich mit dem Enkelkind, aber wünschen sich eine Heirat. Wenn ich meine Eltern jetzt besuchen komme, so neigt mein Papa ab und zu noch zu Gewaltattacken. Er schieb es immer auf die Bärengalle (oder so was), die er während des Krieges einnehmen müsste, um durchzukommen. Die verursachen angeblich Wutausbrüche.

Mein Bruder habe ich leider auch mit Gewalt erzogen. Erst im nachhinein, also mit Abstand zu den Eltern, kamen all die Erinnerungen wider. Und ich habe mich geschämt für meine Taten. Es half nur mit dem eigenen Bruder darüber zu reden und sich zu entschudigen. Selbst heute fällt es mir schwer mit meinem Bruder darüber zu reden.

Jetzt bin ich mittlerweile 25, und ich träume ab und zu von meinem Papa, wie er mich mit einem Fleischmesser durch die Kannte jagt und ich auf der Fluch bin. Das ist das Ergebnis von jahre lange Gewalt in der Erziehung - man ist danach immer noch traumatisiert.

Da ich jetzt selber Mutti bin, erziehe ich mein Kind anders. Ab und zu gibt es auch mal Momente wo er ein auf dem Po Po kriegt, aber richtig schlagen wurde ich nie!!!!! Mein Kind sollte nicht das Gleiche erleben wie ich!

_________________
Wenn es einen Glauben gibt, der Berge versetzen kann, so ist es der Glaube an die eigene Kraft.

HiddenBenutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht senden    
xenos




Geschlecht:

Anmeldungsdatum: 21.06.2012
Beiträge: 1002


germany.gif

BeitragVerfasst am: 30.09.2013, 12:19    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Zitat:
Mein Bruder habe ich leider auch mit Gewalt erzogen. Erst im nachhinein, also mit Abstand zu den Eltern, kamen all die Erinnerungen wider. Und ich habe mich geschämt für meine Taten. Es half nur mit dem eigenen Bruder darüber zu reden und sich zu entschudigen. Selbst heute fällt es mir schwer mit meinem Bruder darüber zu reden.


Es ist interessant .
Wenn einem als junger Mensch was vor gelebt wird, empfindet er es erst mal als normal.
Es werden dann schnell die bekannten "und bewährten" Erziehungsmethoden übernommen.
Die Erziehung meines Vaters war noch durch die wilhelmienische Zeit geprägt.
Er war Linkshänder und sie haben ihn auf Rechts geprügelt .
M.E. hat er dadurch einen Programmschaden erlitten, den ich oft zu spüren bekam .
Er fand auch einiges ganz normal, was ich für ebenso überflüssig als unzeitgemäß empfand .
Der Faktor Angst in der Erziehung ist bestimmt kontraproduktiv.
Mein Verhältnis und meine Einstellung zu meinen Vater - auch in späteren Jahren - will ich mal nicht weiter beschreiben.

Ich bin nur froh , dass ich meinen Sohn als meinen besten Freund sehe und ein tolles Verhältnis zu ihm habe .

OfflineBenutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht sendenE-Mail senden    
Catinat
Gast










BeitragVerfasst am: 30.09.2013, 12:50    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

“Hausdrache” ist zu bewundern dafuer, dass sie sich hier mit dem Problem an die Oeffentlichkeit des Forums traut. Sie erscheint mir in ihrer Persoenlichkeit somit sehr stark und sehr reif.

Ihr hilft es, heute darueber zu schreiben.

Zuerst soll man bei diesem Thema an konkrete Hilfe heutzutage denken, wenn es zu elterlicher Gewalt gegen Kindern kommt. Eine solche Hilfe bekam „Hausdrache“ vor ca. 20 Jahren nicht.

Gewalt gegen Kinder kann auch begleitet werden von Gewalt der Eltern gegeneinander.

Vorab moechte ich aber – auch in Kenntnis von einer Untersuchung darueber - davor warnen , haeusliche Gewalt in vietnamesischen Familien vorschnell als ein spezifisch vietnamesisches Problem zu betrachten.

Spaeter kann man auch an dieser Stelle noch darueber spekulieren und diskutieren.

Das Nottelefon fuer bedrohte Frauen und Kinder in Vietnam ist : 0946833380 und 0437280936.

Aus einem Artikel zu “Sind Ihre Kinder von haeuslicher Gewalt bedroht” ? mit Links zur Darstellung des “Peace House Shelter” in Hanoi :

http://www.peacehousevietnam.com/new...l.php?news=229

Eine weiterfuehrende Diskussion kann sich aus der Studie zur “haeuslichen Gewalt”
vom 16.02.2009 im SPIEGEL der der Journalistin Barbara Hardinghaus “Das Haus der Madame Thuy” :
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-64197243.html . ergeben.

Da stehen auch Zahlen zur Verfuegung.

Danach : “stirbt in Vietnam jeden zweiten bis dritten Tag ein Mensch durch häusliche Gewalt, geschehen 14 Prozent der Morde als Folge daraus und, zumindest im Süden des Landes, 75 Prozent der Selbstmorde.”

Ich fand erst einmal auf die Schnelle den konkreten Hinweis auf die o.a. Hilfe „Peace House Shelter“ fuer dringend notwendig. Zu danken ist das dem mutigen Mitglied „Hausdrache“.

Gruesse und Mitgefuehl, Catinat

Online    
ichhoffegut15
Gast



Geschlecht:
Alter: 37
Anmeldungsdatum: 23.02.2013
Beiträge: 27


vietnam.gif

BeitragVerfasst am: 11.10.2013, 13:31    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Ich finde Erziehung mit Gewalt gar nicht gut. Kinder sind nur klein und noch naiv , dann müssen ihre Eltern ganz ruhig mit ihnen reden. Meiner Meinung nach gibt es bestimmt verschiedene Möglichkeiten, um ein Kind gut zu erziehen. Ich kann mich auch nicht darunter leiden, wenn die Eltern ein Kind schlagen. Als Kind habe ich sowieso viele Fehler bzw. Blödsinne getan, hat meine Mutti mich geschimpft. Sie hat sich auch viel darüber geärgert, troztdem hat sich viel Zeit für mich genommen, mir zu erklären. im Laufen der Zeit bin ich erwaschener, erkenne mich , welche Dinge richtig oder falsch sind. Schlagen ist keine gute Lehrmethode und verletzt das Gehirn des Kindes. Manche Kinder haben Angst davor, sodass sie Pschysiche Probleme haben. Dann verlieren sie alle Lust zum Lernen usw..
OfflineBenutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht senden    
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:      
Neues Thema eröffnenNeue Antwort erstellen


 Gehe zu:   



Berechtigungen anzeigen


Geschützt durch CBACK CrackerTracker
2.6568750028727E+23 abgewehrte Angriffe.

Powered by Orion based on phpBB © 2001, 2002 phpBB Group
CBACK Orion Style based on FI Theme
Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde



[ Page generation time: 0.0593s (PHP: 71% - SQL: 29%) | SQL queries: 20 | GZIP enabled | Debug on ]