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Autor |
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NamNguyen
Geschlecht:
Alter: 50
Anmeldungsdatum: 24.06.2011
Beiträge: 157
Wohnort: Saigon
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Verfasst am:
24.08.2011, 15:21 (Kein Titel) |
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Zitat:
@Be-Wu:
NamNguyen, bist du Vietnamese, in Vietnam geboren?
Noch eine Frage: Was genau ist eine Ortssitzung? Eine Art politische regelmäßige Versammlung, an der das ganze Dorf bzw. die ganze Straße teilnehmen muss?
Ja, ich bin Vietnamese, bin hier geboren und lebe immer noch hier, in der Sozialistischen Republik Vietnam.
Eine Ortssitzung (Họp Tổ dân phố):
In einer Stadt (wie Hanoi oder Saigon) gibt es viele grosse Disktrikts (Quận), unter Distrikt gibt es Kreis (Phường), unter einem Kreis gibt es viele Unterkreise (Hunderte).
Also ein Unterkreis hat nach meiner Einschaetzung ungefaehr 200-1.000 Einwohner. In einem solchen Unterkreis gibt es immer ein vom Volk gewaehlten Unterkreisvorsitzender (Tổ trưởng) und einen oder zwei Stellvertretender (Tổ phó) und einen Schatzmeister (Thủ quỹ). Sie arbeiten ehrenamtlich und bekommen im Monat nur ein symbolisches Geld fuer ihre Taetigkeit. Obwohl das nur ehrenamtliche Posten sind, sind diese Personen oft von den Nachbarn geehrt und ihre Meinungen werden auch beachtet. Diese Personen sorgen sich fuer Frieden und Harmonie des Unterkreises. Oft sind sie fuer Faelle wie Trauerfeier, Vollmondfest fuer Kinder. Bei der Wahl, beim Nationalfeiertag oder andere wichtigen Feiertagen kommen sie zu den Familien und bitten die Menschen, die Fahnen an die Tuer zu haengen. Bei Konfliktsfaellen kommen sie auch, um die Menschen sich zu versoehnen. Besonders bei Scheidungen muessen sie eine Stellungnahme machen.
Diese Menschen haben keine wirkliche Macht aber sie sind oft sehr "linientreu". Oft sind das Kriegsvetranen oder Rentner bei staatlichen Berhoerden. Sie sind sozusagen nur die Hanglaenger der Partei.
In einem Unterkreis gibt es aber immer eine Zelle der Partei (Chi bộ Đảng). Nach dem Parteigesetz besteht eine Zelle mindestens aus drei Parteimitgliedern. Und fuer eine solche Zelle gibt es ein Unterkreis-Partei-Sektretaer (Bí thư chi bộ). Oft arbeitet der Ortsvorsitzender eng mit dem Parteifunktionaer zusammen.
Unter einem Unterkreis gibt es auch mindestens einen Ortspolizist (Công an khu vực). Der ist zustaendig fuer die Sicherheit des Ortes, aber auch fuer solche Faelle wie An- und Abmeldung, usw.
In einem Jahr gibt es 2-3 Ortsversammlungen (oder Ortssitzungen). Solche Sitzungen finden oft in Buergerkommitee (Ủy ban nhân dân) statt.
In der Zeit der Bodenreform oder Anti-Kapitalisten wurden in solchen Ortsstitzungen die "Ausbeuter" oder "Kapitalisten" oeffentlich kritisiert. Es geschah so: ein Nachbar nach dem anderen (sogar die Soehne oder die Toechter des Opfers) standen auf und erzaehlten ganz laut, wie boese der Ausbeuter oder Kapitalist war. Dann fragte man, ob der Ausbeuter zugeben wolle, dass er seine boesen Taten begangen hat. Wenn er seine Taten zugestanden hat, dann musste er tiefe Reue zeigen, und alles was er besitzt dem Staat zu geben, und dann noch alle Menschen um Entschuldigung und Begnadigung bitten. Wenn er das aber nicht tat, wurde er als "unverbesserte Konterrevolutionaer" gestuft und bekam entweder einen Kopfschuss nach einem "Volksgericht" oder jahrelangen Haft.
In der Zeit des "Aufbau des Sozialismus" (1975 - 1986) wurden in solchen Sitzungen immer als Erstes die Parteirichtlilien vorgelesen.
Heute geht das schon meistens sachlich. Man diskutiert schon ueber sachliche Probleme im Ort wie Sicherheit, Umwelt, Drogen, Kriminatlitaet, Ehebrueche, Kinder, Schulen, Wasser, Strom usw... Ich finde das schon gut und gehe persoenlich ofter zu solchen Sitzungen. Ich denke, auch bei einer richtigen Demokratie soll man diese gute Organisation weiter pflegen.
Aber wenn es in einem Kreis einen Dissidenten oder einen Parteikritiker gibt, dann ist das SOFORT anders. Er wird sofort mit den alten Methoden isoliert. Aber da moechte ich nicht mehr in einzelne Praxis gehen. Ich denke, wenn ihr sich wirklich fuer Vietnam interessiert, MUESST ihr das kennen.
Nam
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Florian
Geschlecht:
Anmeldungsdatum: 02.02.2005
Beiträge: 1920
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Verfasst am:
24.08.2011, 15:42 (Kein Titel) |
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Vielen Dank für den Beitrag! Mehr davon!
Zitat:
Ich denke, wenn ihr sich wirklich fuer Vietnam interessiert, MUESST ihr das kennen.
Da hast du wohl recht. Auch wenn ich einige Zeit in Vietnam gewohnt hab, und schon meine dass ich mich für Vietnam interessiere, aus denem Beitrag hab ich doch noch einiges gelernt.
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su-tu
Geschlecht:
Alter: 39
Anmeldungsdatum: 31.01.2009
Beiträge: 2035
Wohnort: Hai Phong
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Verfasst am:
24.08.2011, 22:21 (Kein Titel) |
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Catinat
Gast
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Verfasst am:
24.08.2011, 22:43 (Kein Titel) |
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NamNguyen : Danke !
„Aus dem Nähkästchen“ sagen deutsche Muttersprachler.
Freundliche Grüße, Catinat
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AndyNguyen
Geschlecht:
Alter: 66
Anmeldungsdatum: 18.11.2009
Beiträge: 2475
Wohnort: Berlin u. Hai Phong
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Verfasst am:
25.08.2011, 07:14 (Kein Titel) |
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Andy Nguyen sprach nur von sich selbst und nicht von anderen. Hier führte die Namensähnlichkeit wohl zu Mißverständnissen.
_________________ Ai làm nấy chịu
(dt.: Jeder ist für seine Taten selbst verantwortlich)
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csba
Moderator
Anmeldungsdatum: 02.06.2012
Beiträge: 983
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Verfasst am:
23.05.2013, 12:33 (Kein Titel) |
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Ich setze mal diesen Link hierher hinein, weil ich meine, dass er hierher am besten hineinpasst!
« zeit.de » hat folgendes geschrieben:
Besserer Moderator ohne Flotte vor den Küsten
Wie sollte Europa mit dieser Situation umgehen? Militärisch hat es in der Region kaum Bedeutung, von Waffenexporten abgesehen. Aber ebendiese vordergründige Schwäche könnte sich als Stärke erweisen. Gerade weil keine großen europäischen Flotten vor den Küsten Asiens kreuzen, ist Europa geradezu prädestiniert für die Rolle des Vermittlers.
Als ehrlicher Makler könnte Europa nicht nur generell den Part des Friedensbewahrers übernehmen, sondern auch pragmatisch mit ersten Schritten zur Konfliktentschärfung beitragen. Neben diplomatischen Bemühungen um die Beilegung von Territorialstreitigkeiten sollte die EU Abrüstungsverhandlungen moderieren und nach Abschluss von Abkommen deren Umsetzung unterstützen, etwa indem sie an der Rüstungskontrolle mitarbeiten würde.
Es liegt nahe, einen solchen europäischen Vorstoß für naiv zu halten. Würde Europa sich nicht – wieder einmal – selbst überschätzen in seiner weltpolitischen Bedeutung? Ist das asiatische Parkett nicht ein wenig zu groß für die Europäer, die bereits vor ihrer eigenen Haustür, ob auf dem Balkan, im Nahen Osten, im Mittelmeerraum oder in Afrika, außen- und sicherheitspolitisch alle Hände voll zu tun haben?
Es ist ein recht interessanter Artikel ueber die Vermittlungsrolle der EU innerhalb des asiatischen Raumes.
csba
_________________ γνῶθι σεαυτόν - Erkenne Dich selbst!
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onscho
Moderator
Anmeldungsdatum: 27.12.2009
Beiträge: 368
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Verfasst am:
23.05.2013, 14:14 (Kein Titel) |
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Den Artikel habe ich gestern erst gelesen...hätte ich auch mal reinstellen können.
Ich kann mir das richtig gut vorstellen, wie Europa vollkommen unbelastet und mit einer Stimme die Vermittlerrolle spielt
Mal im Ernst, wenn Länder gegeneinander Flottenwettrüsten spielen, werden sie sicherlich nicht auf ein paar Hansel aus Übersee hören, die alle was anderes sagen.
Je nachdem, wer wem Waffen verkauft, wird das sowieso noch chaotischer. Dann mag Großbritannien vielleicht besonders die Phillipinen, Deutschland China und Schweden Indonesien oder wie auch immer.
Ich weiss nicht, warum nicht mal irgendein südamerikanisches Land versucht, den Vermittler zu spielen. Vermittler müssen nicht groß und mächtig sein (siehe Schweiz) und je unvorbelasteter sie sind, desto besser.
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csba
Moderator
Anmeldungsdatum: 02.06.2012
Beiträge: 983
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Verfasst am:
25.05.2013, 17:31 (Kein Titel) |
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« onscho » hat folgendes geschrieben:
Ich weiss nicht, warum nicht mal irgendein südamerikanisches Land versucht, den Vermittler zu spielen. Vermittler müssen nicht groß und mächtig sein (siehe Schweiz) und je unvorbelasteter sie sind, desto besser.
Lieber Onscho.
Deine Ueberlegungen sind vollkommen berechtigt!
Ich befuerchte jedoch, dass Laender wie Brasilien, Nicaragua, Argentinien etc. "weltpolitisch" noch in den Kinderschuhen stecken (hier ich moechte es mal als "so" formulierend dahin gestellt haben wollen). Ausserdem sind viele von den suedamerikanischen Laendern wirtschaftlich von den USA immer noch sehr "abhaengig", was ja bedeutet, dass sie diese "Vermittlungsrolle" eher anderen maechtigen Staaten und Staatengemeinschaften (u.a Europa, USA etc.) ueberlassen wollen.
csba
_________________ γνῶθι σεαυτόν - Erkenne Dich selbst!
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