Portal  •  Forum  •  Profil  •  Suchen   •  Registrieren  •  Einloggen, um private Nachrichten zu lesen  •  Login   

 Gesicht verlieren vs. besseres Leben

Neues Thema eröffnenNeue Antwort erstellen
Autor Nachricht
Courti
Moderator



Geschlecht:

Anmeldungsdatum: 11.06.2007
Beiträge: 4421
Wohnort: Bayern


blank.gif

BeitragVerfasst am: 25.01.2011, 14:26    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

« Raupi » hat folgendes geschrieben:
. Ist es eher so, dass die Leute dort tatsächlich keine Lebensgrundlage mehr haben und aus Verzweiflung jemanden nach Deutschland schicken oder ist es eher der - etwas naive - Wunsch ein angenehmeres Leben zu haben, weil in Dt ja alles toll ist und die Kinder dann eh ganz viel Geld bekommen sobald sie da sind?

Also ich kenne keinen Vietnamesen,
der über irgendwelche Agenturen ein Visum beschafft hat,
daher ist meine Welt vielleicht noch heiler als die von meinen Vorrednern.
Die Vietnamesen, die ich hier kenne haben alle geheiratet - legal.
Es sind somit keine Schulden entstanden.
Generell würde ich Vietnam nicht als so extrem arm bezeichnen.
Also sicher viel ärmer als westliche Länder,
aber in Südostasien...
Der Vorteil Vietnams gegenüber Deutschen Verhältnissen ist aber:
Jeder kann mit geringen Investitionen irgendwas Verkaufen.
Daher hält sich die Verzweiflung wohl eher in Grenzen
und meine Erfahrung ist eher die,
dass es Naivität ist,
die nach Deutschland führt.

_________________
Um einen Schmetterling lieben zu können, müssen wir auch ein paar Raupen mögen (Antoine de Saint-Exupéry)

HiddenBenutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht sendenWebsite dieses Benutzers besuchen    
Cathrin
Gast










BeitragVerfasst am: 25.01.2011, 16:30    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

« Courti » hat folgendes geschrieben:
und meine Erfahrung ist eher die,
dass es Naivität ist,
die nach Deutschland führt.


So ist es. Das entspricht genau auch meinen Erfahrungen.

Online    
AndyNguyen




Geschlecht:
Alter: 66
Anmeldungsdatum: 18.11.2009
Beiträge: 2475
Wohnort: Berlin u. Hai Phong


australia.gif

BeitragVerfasst am: 25.01.2011, 16:46    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Ich glaube in Sachen "Naivität" besteht Einigkeit. Einigkeit besteht vermutlich auch darin, dass die in Deutschland lebenden Vietnamesen bewußt oder unbewußt, durch ihr Auftreten in VN, zu einem verzerrten Deutschlandbild beitragen.

Zumindest hier im Forum wissen wir auch wieviel Elend an Schulden, Schlepperei und illegalem Aufenthalt hängt. Und auch die vietnamesische Regierung lebt nicht permanent im Tal der Ahnungslosen, und die Zahl der abgeschobenen Vietnamesen ist denen auch bekannt (hoffe ich). Übrig bleibt die Frage warum nicht Aufklärung in großem Maßstab betrieben wird, um die eigenen Bürger zu schützen. Oder ist das Geld, dass auch die Illegalen nach Hause schicken so wichtig, dass das Leiden dieser Menschen billigend in Kauf genommen wird. Ich fürchte ja.

_________________
Ai làm nấy chịu
(dt.: Jeder ist für seine Taten selbst verantwortlich)

OfflineBenutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht sendenE-Mail senden    
su-tu




Geschlecht:
Alter: 39
Anmeldungsdatum: 31.01.2009
Beiträge: 2035
Wohnort: Hai Phong


germany.gif

BeitragVerfasst am: 25.01.2011, 21:22    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Mein Mann sollte vor einigen Jahren von seiner Mutter aus auch mal nach Deutschland geschickt werden.
Erstmal sollte es nach England gehen und dann weiter in die Republik.

Wie?
Mein Name ist Hase und ich weiss von nix.
Warum?
Weils ja in Deutschland, sooo toll ist.
Die vielen Freunde die alle paar Jahre hier Urlaub machen und dann einen Monat Leben wie die Könige, um in den kommenden Jahren die Schulden für diesen kleinen Heimatausflug abzuarbeiten, machen es vor.

Dank, dem da oben, dass mein Mann gut eine Woche vor der geplanten Übersiedlung abgesprungen und in Vietnam geblieben ist.
Sonst wäre er wohl heute nicht mein Mann..

Dann vor knapp 1 1/2 Jahren, ist das schier unfassbare geschehen.
Ein junger Vietnamese hat durch einen 1Monatigen Urlaub im Land der Träume erkannt, dass seine ganzen Freunde und Bekannten, die vietnamesischen Monatskönige nichtmal Zeit für ein Bier hatten, weil sie so viel ackern mussten.
Und überhaupt, sie hätten eh keins trinken können, weil später muss man dann ja noch mit dem Auto fahren und das geht in Deutschland halt nicht mehr nach ein paar Bier! Sowas! Ich dachte das wär da alles ganz anderst...komisch..

Inzwischen ist es sogar schwer, meinen Mann auch nur zu einem Urlaub ins Schlaraffenland zu überreden.
Er musste einsehen, dass es in Deutschland nicht nur irgendwie stinklangweilig ist, sondern zudem auch noch ein Land, in dem Gold nicht auf den Bäumen wächst, die Miete über die Hälfte vom Einkommen frisst und man auch arbeiten gehen muss für sein Geld.
Wer hätte das für möglich gehalten?!?

Aber erkläre mal jemanden hier, warum wir nicht in Deutschland sondern in Vietnam leben.
99,9% der Leute in Vietnam, mit denen wir uns über das Leben unterhalten, denken mein Mann und ich haben nicht mehr alle Tassen im Schrank, weil die doch alle jemanden kennen der drüben lebt und bescheid wissen, wie gut man es da hat..

Ist die Familie von meinem Mann arm?
Nö, aber hier ging es eben ums Gesicht machen.
Da die Mutter unter den oberen 10.000 verkehrt und einen Namen in ihrer Stadt hat, wäre es natürlich ganz suuuper wenn man dazu dann auch noch einen Sohn hat, der *wow* im Ausland lebt und arbeitet.

Das kommt mir bei den besser gestellten langsam vor wie ein kleiner Prestigestatus.

Noch weiter zu der Sache mit dem "Gesicht":
Mir kommt es so vor als wäre das ganze Gesicht machen auch nur ein Gesicht machen.

Am Anfang meiner Ehe, als ich nach Vietnam gekommen bin, gings bei uns manchmal ziemlich Rund und eines Tages, saß dann Schwiegermama mit dem örtlichen Polizeivorsteher bei uns im Wohnzimmer auf nen Tee, um mir als Wessi zu erklären, dass man nicht so streiten darf, dass es die anderen mitbekommen.

Das ist eine Regel. Das ist Phong thuc Vietnam..

Andererseits, suchen wir uns demnächst ein neues Haus, weil sämtliche Familien in dieser Strasse täglich dermassen laute Auseinandersetzungen haben, dass man keine 5Minuten Ruhe finden kann...

Es heisst, das Bild der vietnamesischen Frau, ist eine ruhige, zurückhaltende Person, passiv und wird nicht laut. Der Mann wird auch nicht vor anderen Freunden zurechtgewiesen, wenn er Fehlverhalten an den Tag gelegt hat..

Mal ehrlich Jungs bzw. Männer...
Wer von euch hat so ein Exemplar Zuhause?!

Mir würden noch eine Menge Sachen zum Thema Gesicht verlieren einfallen, die so dermaßen wiedersprüchlich sind, bzw offiziell die Regel sind und inoffiziell von niemanden beachtet werden..

So, dass war das Wort zum Dienstag von mir..

Wünsche euch eine gute Nacht

Sabrina

_________________
http://keovietnam.blogspot.com

OfflineBenutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht sendenWebsite dieses Benutzers besuchenYahoo MessengerSkype Name    
Niko
Gast










BeitragVerfasst am: 25.01.2011, 22:26    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Ich glaube das "Gesicht verlieren", so wie wir es interpretieren, gibt es in Vietnam nicht. Auch ich erlebe immer wieder laute Streiterein (vor Allem zwischen Frauen) und Schlägereien (vor Allem von Männern) und besonders im Buddhismus heißt es ja "wer schreit, der hat Unrecht" und es wird Gewaltlosigkeit gepredigt.

Auch auf die Gefahr hin, bei einigen anzuecken: Ich sage schon seit langem, daß die Vietnamesen die größten Kapitalisten und Egoisten sind, die ich auf der Welt kenne, immer nur auf den eigenen Vorteil bedacht.

Ich bin heilfroh, daß meine Frau erkannt hat, daß auch das Leben in Deutschland kein Zuckerschlecken ist und daß bei uns das Geld nicht auf der Straße liegt. Sie lebt nach 6 Jahren in Deutschland wieder in Saigon und ist dort bei ihrer Familie glücklich. Eine vergleichbare Schule für unseren 11-jährigen Sohn könnte ich in Deutschland niemals finanzieren, in Vietnam geht es gerade so.

Anfangs, als meine Frau und mein Sohn wieder nach Vietnam zurückkehrten, gab es auch ziemliches Unverständniss in der Familie und im Bekanntenkreis, doch viele und lange Gespräche haben dazu geführt, daß unsere Entscheidung jetzt akzeptiert wird (so glaube ich zumindest).

Mittlerweile bin ich der festen Überzeugung, daß das "Gesicht verlieren" den Vietnamesen sch... egal ist, es geht nur um die "Familienehre" oder den eigenen Vorteil. Das heisst, Geld zu haben und diesen angeblichen Reichtum auch zu zeigen.

Niko

Online    
Cetan
Gast










BeitragVerfasst am: 26.01.2011, 01:06    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

« su-tu » hat folgendes geschrieben:
....Mal ehrlich Jungs bzw. Männer...
Wer von euch hat so ein Exemplar Zuhause?!....


Ich! Smilie

Cetan

Online    
Catinat
Gast










BeitragVerfasst am: 26.01.2011, 06:39    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Ich erlebe Vietnam weitgehend wie Su-tu und Niko es beschrieben haben.

Ich habe auch kein so pflegeleichtes, harmonisches “Exemplar” wie Cetan. Glueckwunsch.

Die Zerrissenheit der in Vietnam mit einem Ông Tây lebenden Person hat einen Ursprung in den materialistischen Erwartungen einer vietnamesischen Familie, die noch nicht im “Westen” hat arbeiten, Steuern und Versicherung legal bezahlen muessen, um im “Westen” zu erleben, wie neben vielen Beduerftigen dort auch eine grosse Menge Nassauer vom Rahm der hart und gewissenhaft Arbeitenden schamlos absahnen.

Die Zerrissenheit wird also von zwei Seiten genaehrt.

Wie soll ich klar machen, dass die “Versicherungshaltung” in Deutschland auf einem an und fuer sich gut gemeinten “Solidarpakt” beruht, wenn das Gegenteil allzu sichtbar ist ? Ich bin ziemlich am Ende mit meinem Latein. Unterschwellig bildet sich bei der “braven” Vietnamesin in Deutschland ein Hass auf diejenigen Libanesen, Tuerken, Iraner und nicht zuletzt auf diejenigen Landsleute deutscher und vor allem vietnamesischer Herkunft in Deutschland auf, die das Solidarsystem missbrauchen ohne fast ein halbes Jahrhundert schwer gearbeitet zu haben.

Was in Deutschland die Versicherungsmentalitaet betrifft, die in Vietnam fehlt, wird in Vietnam oft durch eine reine Hoffnungs-, Erwartungshaltung, die sich neben der alltaeglichen, allgegenwaertigen Versorgungsmentalitat aufbaut, ersetzt. Diese zu bekaempfen ist die Hauptbeschaeftigung meiner Frau.

Ich habe mich in einem gewaltig getaeuscht, als ich persoenlich in Vietnam bei und mit Verwandten investierte. Fuer das “Alter”, fuer den Notfall, als “Ab- bzw. Versicherung(sersatz) “ in Vietnam sozusagen.

Es stellt sich heraus, dass alles so festgezurrt wurde, dass fuer den Fall, dass Ông Tây in Not geraet, nichts da sein wird. Er wird’s schon packen. (Wenn ich mit einem Herzinfarkt im Krankenhaus in Vietnam liegen werde, wird man von der Familie sorgenvoll danebenstehen. “Was wird nun aus den kleinen Zuwendungen ?” Und auf die Uhr gucken und keinen Finger ruehren. ) Ông Tây kann selber fuer sich sorgen. Wir geben nichts mehr ab. Das geht bis hin zur Erpressung meiner Frau, die wieder dazwischen steht und aufgerieben wird. Und so daemlich war wie ich auch, die Herzoperation des vietnamesischen Schwagers vor ein paar Jahren zu bezahlen.

Es ist nichts “heil” in Deutschland, es ist nichts “heil” in Vietnam.

Die Harmoniesauce , mit der man als Reisender das Land bewundert, ist ein reines Trugbild.

Auf zum naechsten “Schlagabtausch” in einer ansonsten intakten Familie und Nachbarschaft !

“Warum bist Du nicht laut geworden gegen …, als der anfing ? In Vietnam muss man stark und laut sein und stark und laut auftreten. Wenn nicht, dann hast Du (Dein Gesicht) verloren.”

Eins ist anders als in Deutschland . Man geht sich in Vietnam gut und gerne an die Gurgel. Man schwoert sich Rache und Vergeltung und strahlt im Moment blanken Hass gegenueber dem Lieblingsfeind aus. Da spruehen die Funken aus den Augen . Am naechsten Tag trifft man sich wieder, leichter Groll noch. Nach zwei Tagen scheint der Zwist vergessen. Und ich werde gefragt : “Was ist eigentlich mit Dir ? Du wirkst so abweisend gegenueber … Das ist unhoeflich.”

Ich werde es niemals lernen.

Trotzdem schoene Gruesse, Catinat



Trotzdem schoene Gruesse, Catinat

Online    
AndyNguyen




Geschlecht:
Alter: 66
Anmeldungsdatum: 18.11.2009
Beiträge: 2475
Wohnort: Berlin u. Hai Phong


australia.gif

BeitragVerfasst am: 26.01.2011, 08:25    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Zitat:
Mal ehrlich Jungs bzw. Männer...
Wer von euch hat so ein Exemplar Zuhause?!


Ich nicht ! Geschockt

Das gesamtdeutsche Schlaraffenland übt seine Anziehungskraft aber nicht nur auf anatolische Schafhüter und vietnamesische Reisbauern aus. Meine bessere Hälfte betrat dieses Land mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung (Tchechien) und einem Universitätsabschluss (GB). Beides ließ sich, ich war da skeptisch, tatsächlich in Deutschland am besten kapitalisieren. Nicht einmal die Angebote aus Australien waren vergleichbar gut. Lediglich die USA hätten mithalten können, da wollten wir aber beide aus Gründen tiefer Abneigung nicht hin. Lachen

Liebe vietnamesische Regierung. Tut mehr für die Aus- (Bildung) Eurer Bürger und schickt sie uns dann, und die Zigaretten könnt ihr auch behalten.

_________________
Ai làm nấy chịu
(dt.: Jeder ist für seine Taten selbst verantwortlich)

OfflineBenutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht sendenE-Mail senden    
Courti
Moderator



Geschlecht:

Anmeldungsdatum: 11.06.2007
Beiträge: 4421
Wohnort: Bayern


blank.gif

BeitragVerfasst am: 26.01.2011, 10:22    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

« Su-Tu » hat folgendes geschrieben:
Mal ehrlich Jungs bzw. Männer...
Wer von euch hat so ein Exemplar Zuhause?!

Ich auch nicht.
Wir haben uns besonders in den ersten Wochen nahc der Heirat oft sehr schlimm gezofft.
Mittlerweile wird meine Frau ruhiger,
meint aber hin und wieder trotzdem,
sie müsse es, wie in einem dieser zahlreichen vietnamesischen Filme, krachen lassen -
auf meine Kosten.
Ich dachte immer: Zum streiten gehören zwei.
Ich weiss jetzt: Eine Vietnamesin reicht.

Zu dem was Su-Tu und Nico, aber auch Catinat sagen,
kann ich nur sagen: JA. 100% erlebe ich das so.
Dass der Glanz Deutschlands für Su-Tus Mann verflogen ist,
das wurde meiner Frau schnell klar,
aber auch, dass es durchaus Vorteile gibt.
Trotzdem: Sie sieht es glaube ich als eine Frechheit an,
dass sie hier Abgaben leisten muss - und dann auch noch jeden Monat!!!
Vielleicht ändert sich das nächsten Monat,
da steht dann nämlich eine etwas grössere Anschaffung an,
die wohl unsere Krankenkasse fast komplett übernimmt.

_________________
Um einen Schmetterling lieben zu können, müssen wir auch ein paar Raupen mögen (Antoine de Saint-Exupéry)

HiddenBenutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht sendenWebsite dieses Benutzers besuchen    
Niko
Gast










BeitragVerfasst am: 26.01.2011, 11:30    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Ich glaube, Cetan, Catinat, Andy, Courti und ich hatten großen Glück mit unseren Frauen. Warum? Soweit ich weiß, haben wir alle studiert und auch (fast) alle unserer Frauen. Bildung ist hier meiner Meinung nach von großer Bedeutung.

Meine Frau wurde mir vor 15 Jahren von einer sehr guten Freundin (den Namen möchte ich hier nicht nennen, denn sie betreibt keine Partnervermittlung) in Saigon "vermittelt". Ein anderes Kennenlernen war nicht möglich, da sie niemals aus ging. Als wir uns inneinander verliebten dauerte es 2 Jahre bis zur Hochzeit. Meine Schwiegermutter hatte ursprünglich auf 3 Jahre "Wartezeit" bestanden, doch ich hab mich letztentlich durchgesetzt. An Sex vor der Hochzeit war, außer ein paar kleine Schmusereien im Hotel, nicht zu denken. Dies hat mich damals ziemlich genervt, doch heute bin ich überzeugt, daß dies genau das Richtige war. Ich konnte meine Geduld beweisen und meine Frau, daß sie kein "leichtes Mädchen" ist.

Ein Problem für mich war allerdings, daß meine Frau vor der Hochzeit nicht zu Besuch nach Deutschland kommen konnte. Ursprünglich hatte ich darauf bestanden, da ich sicher sein wollte, daß sie mit dem Leben hier auch zurecht kommt. Meine Frau sagte damals, daß dies unmöglich sei. Wenn sie mich besuchen würde und die Beziehung dann schief gehen würde, dann hätte sie in Vietnam keine Chance mehr einen guten Ehemann zu finden. Sie hätte ihr Gesicht verloren.

Tatsächlich hat sie sich in Deutschland nie wohl gefühlt. Sie hat ihre Familie ständig vermisst obwohl wir jedes Jahr zu Tet nach Saigon geflogen sind und wir haben viel gestritten.

Als die Einschulung unseres Sohnes anstand hab ich mir mehrere Schulen in Deutschland angeschaut und war von den Verhältnissen dort alles Andere als begeistert. Dann bin ich alleine nach Vietnam geflogen, hab mich dort umgesehen und eine super Schule gefunden. Dies und die Traurigkeit meiner Frau hat dazu geführt, daß die beiden nun in Saigon leben. Ich bin jeden Winter für ca. 4-5 Monate bei ihnen, in den Ferien kommen die beiden zu mir zu Besuch.

Niko

Online    
Catinat
Gast










BeitragVerfasst am: 26.01.2011, 13:22    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

So sachlich, wie Niko auch schreibt, so anruehrend schoen und menschlich finde ich seine Geschichte und die seiner Frau. Die beiden haben IHREN Weg ueber die Graeben der Nationalitaeten gefunden. Und ich glaube, dass jeder hier mit seiner Partnerin oder ihrem Partner einen jeweils ganz eigenen, oft eigenwilligen Weg zusammen finden. Und meistens gelingt das doch sogar.

Die Missverstaendnisse, die Streitereien werden von den Menschen, die sie binational durchstehen, offener angesprochen als von denen, die sie bei uninationalen Gemeinschaften z.B. in Deutschland so lange unter den Gesellschaftstisch kehren, bis es nicht mehr geht mit dem Verbergen. Und alles, um in Deutschland “das Gesicht zu wahren”.


Noch ein paar , eher anekdotische Anmerkumgen, zu den Schwierigkeiten, hier und dort , im Alltagsmiteinander das Gesicht zu wahren. Oder : "Wo lebt man besser ?"

1989, meine zukuenftige Frau wird von mir am Flughafen Duesseldorf abgeholt. Die Wiedersehensfreude ist gross. Ein paar Minuten spaeter : Im Auto muss man sich in Deutschland anschnallen – “Gurtpflicht” (vietnamesisch ???) . “Himmel, bin ich jetzt im Gefaengnis oder was ?” und : “Kommt das noch vom Hitler ?”

Kann man bei dem hilflosen Versuch, einer Vietnamesin zu erklaeren, was eine Pflicht plus Versicherung ist, noch das Gesicht wahren ? Und gar , was eine Haftpflichtversicherung ist ? Man sollte das mal wortwoertlich ins Vietnamesische zu uebersetzen versuchen. Und beginnen : “ Haft – das ist eigentlich Haftung, meint aber …” . Schon verloren ! Und besonders, wenn sie nie gebraucht.


Wenn meine Frau in Deutschland zum Zahnarzt geht, bekomme ich eine Rechnung. “Die Versicherung bezahlt doch.” Ja, die eine Stelle nach Antrag vielleicht bis zu 30 Prozent. Die zweite Stelle vielleicht nach Antrag 70 %. Aber von den Laborkosten werden bei den 70% nur 60% auf dem Antrag zugelassen. Und ein jaehrlicher “Kostendaempfungsbetrag” (vietnamesisch ?) von … Euro wird zum Schluss auch noch einbehalten. Dient das der Gesichtswahrung Deutschlands ? Unuebersehbar und unueberhoerbar in der deutschen Stadt : unser Bekannter, studierter Jurist, hat bis jetzt noch nicht einen Tag im 58jaehrigen Leben gearbeitet, philisophierender Dauergast bei der Arge, hat ein wunderbares Gebiss erhalten, ohne weitere eigene Bemuehungen, und zeigt uns das voller Stolz. Ich schaeme mich unter den anklagenden Blicken meiner Frau, die mir sagen : “ Du zahlst Versicherung ? Fuer was ? Ich trete da aus und behalte das Geld fuer mich .”

Gesichtswahrung.


Das, was ich in Deutschland zum Zahnarzt noch selber zuzahlen muesste, liegt allein um ein Vielfaches hoeher als wenn ich es in Vietnam machen lasse und ohne Versicherung dort selbst bezahle.


Uebrigens zu Streitigkeiten in Vietnam . Wir leben nicht in einem Akademikerviertel. Zum Glueck. Die Haeuser hier sind luftig und alles steht haeufig offen. Man bekommt jeden Streit in der Nachbarschaft mit, der mit ungeheurer Lautstaerke ausgetragen wird. Es geht immer um Geld. Da bewahrt keine Vietnamesin und kein Vietnamese das Gesicht. Da ist es auch gut, dass ich nicht so viel vietnamesisch kann. Da “fliegen die Fetzen” – fast oeffentlich.


Und zwei Tage darauf : als waere alles nur ein lauter Traum gewesen.

Schoene Gruesse, Catinat

Online    
Cetan
Gast










BeitragVerfasst am: 26.01.2011, 15:39    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

« Catinat » hat folgendes geschrieben:
... Da “fliegen die Fetzen” – fast oeffentlich.


Und zwei Tage darauf : als waere alles nur ein lauter Traum gewesen....


Wie nennt man das?: Viel Wind um (fast) nichts! Lachen

Cetan

Online    
Catinat
Gast










BeitragVerfasst am: 26.01.2011, 21:03    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Eine Wandlung in Bezug auf ein “ besseres Leben” im negative Sinne mit moeglicher Wahrung des Gesichts haben in den letzten beiden Jahren die Auslandsvietnamesen und ihre Verwandten in Vietnam schmerzlich erfahren, vor allem mit den USA. Das Geld fuer den Besuch des Fingernagelstudios in Ohio oder Florida sitzt nicht mehr so locker, die Zuwendungen an die Familienmitglieder in Vietnam werden gekuerzt, der angesagte jaehrliche Besuch zu Tết in Vietnam faellt ins Wasser. Und wenn es noch zum Besuch reicht : dann fangen die Gespraeche ueber die Zukunft an.

Wenn diese Erfahrungen durchschlagen und richtig in Vietnam ankommen, koennte zumindest die eine oder andere Familie “nachdenklich” werden. Dazu kommt, dass ploetzlich die nicht mehr so “reichen” Auslandsvietnamesen sich auf ihre moeglichen Mit- Ansprueche auf den jahrelang von ihnen unterstuetzten Besitz der Familie in Vietnam besinnen.

Das wird dann heikel. Ich erlebe das zur Zeit an einem Beispiel.

Gruesse, Catinat

Online    
AndyNguyen




Geschlecht:
Alter: 66
Anmeldungsdatum: 18.11.2009
Beiträge: 2475
Wohnort: Berlin u. Hai Phong


australia.gif

BeitragVerfasst am: 26.01.2011, 21:33    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

@ catinat

Das ist bei uns in Deutschland nicht anders. Die Erwartungshaltung der Mischpoke in VN ist hoch. Wir haben allerdings frühzeitig darauf hingewiesen, dass die Überweisungen von zwei wesentlichen Faktoren abhängen:

1.) Meine Lust das zu tun
2.) Unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit

Beides ist noch im grünen Bereich. Ich versäume es allerdings auch nie in VN daran zu erinnern, dass auch ich die 40 Stunden Woche kenne. Manchmal eher mehr. Und der besten aller besseren Hälften geht es auch so. Aber bei dem ausgeprägten Familiensinn der Vietnamesen hege ich die Hoffnung, dass einer der Bengel, deren Ausbildung ich finanziere später mal meinen Rollstuhl durch Hai Phong schiebt. Mit mir drin natürlich. Vermutlich aber wird schon der erste Ausflug für mich im Hafenbecken enden. Geschockt

_________________
Ai làm nấy chịu
(dt.: Jeder ist für seine Taten selbst verantwortlich)

OfflineBenutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht sendenE-Mail senden    
Catinat
Gast










BeitragVerfasst am: 26.01.2011, 22:05    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Ich will ja nicht “Schwarz malen”, Andreas .

Aber ich glaube nicht mehr daran, dass ein Familienmitglied bereit sein wird, mich im Rollstuhl durch SaiGon zu schieben. Zumindest : ich vertraue dem vielbesungenen angeblichen Familiensinn fuer eine solche Aufgabe dort nicht mehr. Meine Frau auch nicht. Die bisherigen Enttaeuschungen "im kleinen" waren schon zu gross.

Und selbst bei einer gut bezahlten Nurse dort :

Ich moechte nie in Vietnam so hilflos sein, dass ich abhaengig werde von IRGENDJEMAND , auch nicht von Verwandten.

In Vietnam eine Schwaeche zeigen, sagt meine Frau, fuehre ins Verderben.

Leider, Catinat

Online    
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:      
Neues Thema eröffnenNeue Antwort erstellen


 Gehe zu:   



Berechtigungen anzeigen


Geschützt durch CBACK CrackerTracker
2.6568750028727E+23 abgewehrte Angriffe.

Powered by Orion based on phpBB © 2001, 2002 phpBB Group
CBACK Orion Style based on FI Theme
Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde



[ Page generation time: 0.0431s (PHP: 66% - SQL: 34%) | SQL queries: 20 | GZIP enabled | Debug on ]