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 Kontakte zw. damaligen boat people und Vertragsarbeiern

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Catinat
Gast










BeitragVerfasst am: 27.06.2011, 17:21    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Es ist gut, dass mal jemand wie Phamous , der das Problem sehr hautnah erlebt, auch sehr deutlich seine Wirklichkeit in der Familie beschreibt.

Ihn nervt es , ähnliches penetrant erscheinendes Verhalten habe ich bei meinen Eltern in der Jugend auch als nervig empfunden. Ich habe erst viel später begriffen, dass es Ereignisse gab, die tiefe Verwundungen hervorriefen, ungerecht waren und Zukunft zerstört haben.

Ich finde es auch hervorragend, dass er unter den Umstaenden eine eigene Meinung entwickelt und eine eigene Emotionalität.

Er und seine Freunde aus dem Norden und dem Süden Vietnams sowie aus dem Osten und dem Westen Deutschlands werden es schaffen, die Probleme positiv und konstruktiv zu verarbeiten.

Und zwar dadurch, dass sie Ereignisse nach dem Krieg nicht verdraengen und sie auch nicht als bedauerlichen „Betriebsunfall“ der Geschichte vom Tisch wischen. Und sie auch nicht mit der ebenso platten wie falschen Feststellung abtun, die Zeit würde Gras darüber wachsen lassen.

Phamous stellt sich den Tatsachen und benennt die Gefühlslage. So geht man ein solches Problem konstruktiv an und so hilft man sich und anderen und auch mir, alle Seiten wieder etwas besser zu verstehen. Danke.
Persönlich mache ich in Deutschland mit Kontakten zu Boatpeople-Leuten ganz andere Erfahrungen als mit Südvietnamesen in Südvietnam. In Südvietnam ist es sowohl bei jungen als auch bei älteren Leuten einfach und geradezu harmlos : keine große Liebe zu den Landsleuten im Norden, vor allem nicht zu denen in Hanoi, aber auch keine allzu großen Aversionen. Eher achselzuckend : „Na ja, die sind eben so…“. Gemeint ist die in allen Nationen vorhandene Unterstellung von Nicht-Hauptstädtern, die Hauptstädter wirkten „arrogant“. Das wird aber selten und dann sehr milde mit politischen oder geschichtlichen Beispielen gewürzt.

Die Boatspeople-Leute im Westen Deutschlands sind gegenüber den Landsleuten aus dem Norden sehr viel verhaltener. In der Ruhrgebiets-Stadt, aus der ich komme, haben sich gleich drei Imbisse in letzter Zeit etabliert, eins heißt „Hanoi“ und die Belegschaften aller drei sind Nordvietnamesen. Viele der hier nun länger anwesenden Boatspeople erinnern sich wieder der alten unseligen Geschichten ihrer Demütigung nach 1975 und wirken verbittert. Sie meiden jeglichen Kontakt. Die Eröffnungen werden -ich glaube eher nicht daran – mit unlauteren Geschäften von Nordvietnamesen wie Geldwäsche, in Verbindung gebracht. Meine Frau ist schon mit mir in zwei der Imbisse mit gegangen, redet aber kein vietnamesisches Wort, verleugnet ihre eigene vietnamesische Herkunft ,lauscht nur und macht sich ihre stillen Gedanken.

Ich bin wahrscheinlich zu unerfahren mit „militanteren“ südvietnamesischen Gruppen in Deutschland. Ich kenne solche Leute nicht. Darum erscheint mir die Zuschreibung von „Hetze“ auf ihre Selbstdarstellung abstrakt. Es ist ein schnelles Wort für viele Tätlichkeiten, unter denen ich mir nicht viel vorstellen kann. Aber ich bin da sicherlich nicht hinreichend informiert.

Aber : wenn jemand in Vietnam eine gelbe Fahne mit roten Streifen entrollt, wozu der Betreffende wohl nicht viel Zeit haben dürfte, mag das auf die Mehrheit der Vietnamesen dort so wirken , als würde in Deutschland jemand die Hakenkreuzflagge hissen. Das wäre eine Provokation. Auch wenn ich politisch nicht hinter der gelben Flagge stehe, so empfinde ich Leute, die das in Deutschland tun würden, nicht von vornherein deswegen als Provokateure. Mein Land ist ein Land, in dem es aus gutem Grund verboten ist, die Hakenkreuzfahne zu zeigen . Aus gutem Grund aber erlaubt bleiben muss, dass Vietnamesen ihre Meinung durch Zeigen eines Symbols wie der gelben Fahne kund tun dürfen, ohne damit gleich automatisch ein Verhalten wie „Hetze“ zu verbinden.

Freundliche Grüsse, Catinat

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Micha L






Anmeldungsdatum: 19.11.2003
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BeitragVerfasst am: 27.06.2011, 17:23    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

@linchi

zu b/ -Ich kenne einen älteren Herren, der vor 1975 als Student aus Saigon in die BRD kam, als Gegner der Süd-Regimes und Anhänger des nördlichen.
Er und Gleichgesinnte hatten Auseinandersetzungen mit anderen Studenten aus dem Süden und Anhänger des südlichen Regimes.

Das hatte ich vorher nicht geahnt. Man sieht, die Realität ist komplizierter, als man denkt.

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Micha L






Anmeldungsdatum: 19.11.2003
Beiträge: 2668
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BeitragVerfasst am: 27.06.2011, 17:35    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Hallo Catinat,

dabei hat die Streifenflagge eine alte Tradition, ganz anders als dem Adolf seine.
Ich erwähnte sie nur in ihrer Funktion als Aushängeschild einer gegenwärtigen Überzeugung.

Imbisse und Gastststätten in Deutschland zu eröffnen ist wohl jedem geschäftstüchtigen Vietnamesen möglich. Südvietnamesen und Chinesen haben massenweise nichts anderes getan. Zumindest für Südvietnamesen ist deswegen der Vorwurf der Geldwäsche absurd, wenn sie ebenfalls Gastronomen sind.
Bei Besuchen in Westdeutschland haben wir festgestellt, daß sowohl Chinesen als auch Südvietnamesen ihre Geschäfte an Nordvietnamesen verkauft haben.
Eine Gaststätte, die wir im Urlaub gern besuchten, war "gemischt". Ein Ex-Bootsflüchtling hatte eine Ex-Vertagsarbeiterin geheiratet.

Gruß

Micha

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Catinat
Gast










BeitragVerfasst am: 27.06.2011, 17:56    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Ich finde „Mischung“ sehr gut.

Schön, wenn es dafür Beispiele gibt. Ich kenne selbst keine. Dafür aber noch viel „Einseitigkeit“.

Mir geht es darum, Bedingungen zu fördern, die nicht ein Wegwischen von Geschehenem wie in der allerersten Nachkriegszeit in Deutschland darstellen , sondern ein offenes , (selbst)kritisches Verhalten allmählich zu befördern, mit dem leider abgenutzten Wort der „Aufarbeitung“ von und bei allen Seiten zu beschreiben. So wie es mancherorts dann doch ca. 25 Jahre nach der Befreiung Deutschlands etwas intensiver begann. Und wie ein junger Mensch wie Phamous es auf seine Weise sich auseinandersetzend tut. Ich finde das beachtlich !

Freundliche Grüße, Catinat

Online    
Micha L






Anmeldungsdatum: 19.11.2003
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BeitragVerfasst am: 27.06.2011, 18:08    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Im Unterschied zu Deutschland gab es 2 Seiten mit Tätern und Opfern.
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Catinat
Gast










BeitragVerfasst am: 27.06.2011, 19:19    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Genau ! Darum ja :

« Catinat » hat folgendes geschrieben:
„... Aufarbeitung“ von und bei allen Seiten ...Catinat


Freundliche Grüße, Catinat

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linhchi
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BeitragVerfasst am: 27.06.2011, 21:33    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

@Micha L

Ja, die Realität ist sehr sehr kompliziert. Studenten , die vor 1975 Anhänger des nördlichen Regimes waren, sind jetzt tief entäuscht über die jetzige vietnamesische Regime.

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AndyNguyen




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BeitragVerfasst am: 27.06.2011, 22:08    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

"Ja, die Realität ist sehr sehr kompliziert. Studenten , die vor 1975 Anhänger des nördlichen Regimes waren, sind jetzt tief entäuscht über die jetzige vietnamesische Regime. "

Das ist ja wohl eine Verallgemeinerung. Ich kenne viele Studenten der Jahrgänge 1975 und früher, die noch immer glühende Anhänger des "nördlichen" Regimes sind. Wenngleich ich nicht verstehe warum.

Ich kenne einige, die wesentlich jünger sind und aus den USA, AUS oder Europa nach Vietnam zurückgingen und ebenfalls glühende Anhänger des systems sind. Diese Leute verstehe ich noch viel weniger, aber es gibt sie.

Genauso gibt es aus den Nachfolgegenerationen der boat people Leute, die sich äußerst kritisch mit dem ehem. "Süd"Systems auseinadersetzen. Auch gibt es jüngere und ältere Regimkritiker im heutigen Vietnam, wenngleich auch die meist in irgendwelchen Gefängnissen verschwinden. Und das ist schade, denn nur durch Vielseitigkeit und politische Auseinadersetung kann sich eine Gesellschaft entwickeln.

_________________
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NamNguyen




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BeitragVerfasst am: 28.06.2011, 05:24    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Wie Caticat, finde ich dieses Thread schon ganz konstuktiv.

@Die Gelbe Fahne: fuer Vietnamesen in den USA, Westdeutschland, Australien usw. ist diese Fahne das einzige Indentitaetssymbol. Was soll man denn sonst dafuer verwenden? Etwa die Rote Fahne? So kann ich als Nordvietnamese nach 1975 auch ganz gut verstehen.

@Saigon - Ho Chi Minh Stadt

Der Name Ho-Chi-Minh-Stadt ist selbst fuer mich als Nordvietnamese, der jetzt in Saigon lebt, unangenehm. Ich benutze nie diesen Namen, wenn ich das nicht benutzen muss (z.B. beim Ausfuellen bestimmter Formulare).

Der Name ist reine politische Wille, mehr nicht. Fuer mich ist ein guter Name der jenige, der das Herz und die Seele der Menschen ausdrueckt. So sagt man z.B. Saigon-Bier, nicht Ho-Chi-Minh-Stadt-Bier, Saigon-Reis, nicht Ho-Chi-Minh-Stadt-Reis, Saigon-Maedchen, nicht Ho-Chi-Minh-Stadt-Maedchen, Saigon-Bar, nicht Ho-Chi-Minh-Stadt-Bar, Saigon-Night-Club, nicht Ho-Chi-Minh-Stadt-Night-Club... Und vorallem sagt man Saigoner, nicht Ho-Chi-Minh-Staedter!

Nichts gegen die Person Ho Chi Minh, aber wozu der Name Ho-Chi-Minh-Stadt? Wenn der fuer nichts gebraucht wird? Also wird dieser Name schon irgendwann verschwinden.

Nam


Zuletzt bearbeitet von NamNguyen am 28.06.2011, 05:28, insgesamt einmal bearbeitet

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linhchi
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BeitragVerfasst am: 28.06.2011, 05:26    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

In der BRD nach dem Fall der Berliner Mauer sind auch Leute , die weiter die DDR nach sehnen .

Aber Leningrad ist vergänglich. Mit den Augen rollen

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NamNguyen




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BeitragVerfasst am: 28.06.2011, 05:45    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

@Linhchi

Der Name "Ho-Chi-Minh-Stadt" ist sogar ganz gegen die Vietnamesische Kultur und Tradition. In der westlichen Kultur war da und dort ueblich, dass man eine Stadt nach einem Menschen nannte, z.B. Alexandria, Johannesburg, Petersburg, Washington D.C. usw. Aber in der vietnamesischen Geschichte gab es keine einzige Stadt oder Bezirk, der nach einem Menschen genannt wurde, auch nicht nach einem Koenig oder Stadtsgruender. So ist "Ho-Chi-Minh-Stadt" die einzige Ausnahme. Das sagt schon was.

Nam

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Micha L






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BeitragVerfasst am: 28.06.2011, 09:52    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Der Name Saigon wird nach meinem Empfinden auch offiziell wieder verwendet, wenn auch nicht in der Hauptsache.
Vielleicht würde es heute keine Umbenennung mehr geben.
Aber rückgängig machen können die das nicht, ohne ihr Gesicht zu verlieren - ein Dilemma.

Gruß

Micha

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linhchi
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BeitragVerfasst am: 28.06.2011, 11:11    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Gesicht zu verlieren ist wichtiger als der soziale Frieden zwischen Nord und Süd Vietnam ?

Leningrad heißt jetzt Sankt Peterburg .

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Micha L






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BeitragVerfasst am: 28.06.2011, 12:51    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

In Südvietnam drohen keine Unruhen. Man hat sich arrangiert (macht inzwischen wieder gute Geschäfte) oder war sowieso schon immer Kommunist.
Aber mit einer Rückbenennung vergeben sich die Herrschenden mehr als sie zu gewinnen glauben. Es wird ihnen möglicherweise auch in den eigenen Reihen als Schwäche ausgelegt. Das ist gefährlich.

In Rußland ist das ganz anders. Da war eine Rückbenennung eine Folge der politischen Änderung, d.h. dem Ende der kommunistischen Herrschaft und somit im Interesse der jetzt Herrschenden.

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linhchi
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BeitragVerfasst am: 28.06.2011, 13:13    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

d.h. um eine Rückbennung zu erlangen, muss eine politische Änderung eintreten. An Betracht des chinesisches Gefahrs wäre ein sozial Frieden mit einander lieber als ein verloren Krieg in der Zukunft ( mit China ) .
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