Die Legende vom Ursprung der vietnamesischen Nation

**Gast**

Eine wunderschoene Legende. Die in die Form der Sage uebergeht.
Und wunderschoen erzaehlt von Cathrin am Anfang dieses Threads.
Ich moechte diese Erzaehlung vom Ursprung der vietnamesischen Nation nicht verwaessern , besser kann man es nicht darstellen.

Ich bin den Legenden/Sagen darueber in der Zwischenzeit noch etwas nachgegangen. Und habe festgestellt, dass es recht viele unterschiedliche Fassungen gibt.

Âu Cơ
ist eine unsterbliche Gebirgsfee. Sie ist mitfuehlend und heilkundig.
Als eines Tages ein Monster sie erschreckte, verwandelte sie sich in einen Kranich und flog fort .
Ein Drachenkoenig aus dem Meer, Lạc Long Quân , beobachtete dies und toetete das Monster mit einem Stein. Als sich der Kranich umdreh te, nahm er die Gestalt der lieblichen Fee wieder an. Natuerlich verliebten sich die Fee der Berge Âu Cơ und der Drachenkoenig des Meeres Lạc Long Quân ineinander.

Das ist eine der Legendenfassungen.

Eine andere Version der Geschichte , eine von mehreren Sagenfassungen , geht so , im Grundsatz so, wie Cathrin es berichtet hat :

Das Delta des Hồng Hà (Roter Fluss) in Nordvietnam (Lạc Việt) war schon besiedelt. Von Fischern und Reisbauern. Dorthin war Lạc Long Quân gekommen. Er war ein Abkoemmling von Thần Nông (Name von Person und Clan) aus den noerdlichen Bezirken der Ngũ Lĩnh Berge, suedlich des Sees Động. Seine Grossmutter war die Goettin Ngũ Lĩnh, die auch als Vũ Tiên bekannt ist. Sein Grossvater war (Nguyên) Đế Minh, der wiederum als Urenkel vom mythischen Kaiser Thần Nông , dem Begruender des Ackerbaus, in Verbindung mit einer Goettin abstammte. Sein Vater war Đế Minh Kinhs Sohn Lộc Tục , mit Koenigsnamen als Koenig des suedlichen Teils von Đế Minh Kinhs Gesamtreich: Kinh Dương Vương , ein Gebirgsgott und Koenig von Xích Quỷ, verheiratet mit der Wassergoettin Hồ Động Đình (eigentlich der Name fuer den See) , Tochter des Koenigs Thần Long .

Đế Minh Kinh oder Lộc Tục war mit einer Tochter des Koenigs Thần Long verheiratet. Ihr Sohn war Sùng Lãm , der auf dem Thron den Namen Lạc Long Quân annahm. Es war der Thron des Koenigreichs Lạc Việt.

Eigentlich bezeichnet Lạc Việt das Volk in der Ebene des Roten Flusses, die den Staat Văn Lang gruendeten, angeblich 3079 v.Chr. Sie trieben Handel mit den Bergvoelkern im Norden, den Âu Việt.
Lạc Long Quân trug mehr Zuege seiner Mutter, der Wassergoettin, als vom Vater. Er baute einen grossen kaiserlichen Palast, dazu eine Wohnstatt mit lieblichem Garten , Long Trang genannt, auf der Spitze eines Berges und einen Unterwasserpalast als Hauptsitz.

Eines Tages kam ein Gott namens De Lai , der wie Lạc Long Quân auch von Thần Nông abstammte, zu Besuch ins Land Lạc Việt . Allerdings kam er mit einem ganzen Heer. Bei sich hatte er die wunderschoene Âu Cơ, bei der nicht klar ist, ob sie De Lais Ehefrau oder Tochter war.

Da gibt es wieder mehrere Sagenfassungen, eine mit De Lai als Vater , wobei die angebliche Tochter Âu Cơ den Sohn des Koenigs Lôc Tuc geheiratet haben soll. (Đê Minh, der Urenkel des chinesischen Kaisers Shen Nung heiratete eine Unsterbliche, die Goettin Tiên, in der Honan Provinz. Das Reich wurde unter den zwei Soehnen aufgeteilt, im Norden regierte der Sohn Đê Nghi . Ihr juengerer Sohn, Lôc Tuc , sollte ueber Xich Quay regieren, das auch einen Teil Nordvietnams einschloss. Lôc Tucs Sohn heiratete also die Tochter des Koenigs De Lai, Prinzessin Âu Cơ ) .
Eine andere Version sieht De Lai und Lạc Long Quân sogar als nur eine Person .
Lạc Long Quân kam jedenfalls aus seiner Unterwasserresidenz und die beiden Maenner , von denen der eine De Lai entweder als Ehemann oder Vater, und Âu Cơ trafen sich. Unterdessen bedraengte die Begleittruppe De Lais die Dorfbewohner des Landes, die das ihrem Herrn meldeten.

Lạc Long Quân, vietnamesischer “Paris”, verliebte sich sofort in Âu Cơ , vietnamesische “Helena”, verwandelte sich in einen schoenen und starken jungen Mann und erschien Leier spielend und Liebesballaden singend vor ihrem Zimmer. Sie fand auch Gefallen an ihm , sie heirateten und Lạc Long Quân brachte sie nach Long Trang.

De Lai, vietnamesischer “Menelaos”, was not amused und schickte seine Truppen ins Land Lạc Long Quân’s , vietnamesische Version des Trojakrieges – ohne einen adaequaten Achill, Odysseus, Patroklos -. Lạc Long Quân verwandelte sich an den zu sperrenden Strassen seines Landes in Drachen, Schlangen, Elefanten, Tiger und schlug De Lais Truppen in die Flucht.

Âu Cơ’s gebar einen Eierbeutel , aus dem 100 Kinder schluepften. Die brauchten keine besondere Obhut sondern wuchsen im Nu zu gesunden Menschen heran. Das ist sozusagen die mythische Version der Geschichte, die zeigt, wie gesund und stark das vietnamesische Volk ist . Und wie folgt :

Trotz ihrer Liebe fuereinander sehnte sich Âu Cơ nach den Bergen ihrer Heimat und Lạc Long Quân nach dem Meer. Drache und Fee. Sie trennten sich. In anderen Sagenfassungen ging es nicht ganz so friedlich zu und die beiden Ehepartner einigten sich nach Streitereien im Rahmen des ersten Scheidungsfalles in der vietnamesischen Geschichte ueber den Verbleib der Kinder. Die Verhandlungen sollen in Dong Con stattgefunden haben.
Die 100 Soehne/Kinder teilten sich genau in zwei Gruppen auf und schworen sich Hilfe zu leisten, wenn eine Gruppe, die “Meeresgruppe” oder die “Gebirgsgruppe” in Schwierigkeiten geraten sollte. Jeder , Âu Cơ ins Gebirge, Lạc Long Quân zum Meer, nahm 50 Kinder mit zu sich.

Der Mythos mit seinen Motiven gibt Aufschluss ueber manche Besonderheiten der vietnamesischen Kultur und Entwicklung.

Besonders interessant – auch im Vergleich mit der alten, vorapollinischen Geschichte in Griechenland - : die starke Rolle der Frau, die auch auf matriarchalische Gesellschaftsordnungszuege schliessen laesst.

Der sagenhafte Anteil der Geschichte setzt sich so fort :

Aus Âu Cơ’s fuenfzig jungen, intelligenten und kraeftigen Kindern wurden “die Vietnamesen” – von denen zunaechst der Aelteste, Hùng Vương, der Koenig und Begruender der Hồng Bàng – Dynastie werden sollte. Das soll um 2897 v.Chr. gewesen sein und die Dynastie regierte bis 258 v.Chr..

Die Hùng-Koenige nannten ihr Land am Roten Fluss-Delta Văn Lang, die Einwohner waren die Lạc Việt .

Zurueck zu De Lai. De Lai wurde von Hoàng Đế und seinen Soldaten getoetet. Ob Hoàng Đế mit dem mythischen Gelben Kaiser bzw. Gott Huáng Dì der chinesischen Mythologie identisch ist, habe ich noch nicht herausbekommen.

Freundliche Gruesse, Catinat

**Gast**

Auch beim Volk der Mường gibt es diese Legende, aber in einer noch etwas anderen Variante. Die Mường sind die drittgroesste Minderheit Vietnams. Sie gehoeren zu den Ureinwohnern der Region und sind von allen Minderheiten am engsten mit den Kinh (Vietnamesen) verwandt.

In der Version der Mường schluepfen aus den 100 Eiern 50 Soehne und 50 Toechter. Nach der Trennung von Lạc Long Quân und Âu Cơ wurden die 50 Kinder, die mit Âu Cơ in die Berge zogen, die Urahnen der Mường und die anderen 50, die mit Lạc Long Quân ans Meer zogen und die Ebene und die Kueste besiedelten, die Vorfahren der Kinh.

Diese Variante klingt fuer mich sehr logisch. Aber so eine uralte Lengende muss ja nicht unbedingt logisch nach unserem heutigen Verstaendnis sein.

Viele Gruesse
Cathrin

Verfasst am: 21.11.2011, 12:50 (Kein Titel)