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 Wieviel "Anpassung" muss sein?

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Micha L






Anmeldungsdatum: 19.11.2003
Beiträge: 2668
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BeitragVerfasst am: 19.01.2010, 18:08    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Das Problem ist doch ein patriarchalisches, d.h. man erwartet von Frauen, daß sie sich fügen und einen geringeren Platz einnehmen.

Zurecht ist die Empörung groß, wenn sich hierzulande orientalische Frauen mitgebrachten archaisch-patriarchalischen Strukturen unterwerfen müssen.
Frauenrechtler(innen) unterstützen diejenigen, die es wagen, sich aufzulehnen.
Ist es da nicht paradox dort alles dahingehende uneingeschränkt hinzunehmen und Duldsamkeit zu empfehlen?

Gruß

Micha

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Waldo
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BeitragVerfasst am: 19.01.2010, 18:40    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Wer zuhause nicht klar kommt, kommt nirgendwo klar! Wer meint das, dass Leben woanders einfacher wäre, der täuscht sich ganz gewaltig.

Es ist einfach: Begegne den Menschen mit Respekt, sei immer höflich, aber verbiege dich nicht dabei.

Ich bereise Vietnam regelmäßig seit 1992 (zwanzig mal) und bin noch nie angeeckt.

Grüße aus der Weltstadt Hamburg

Waldo

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Catinat
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BeitragVerfasst am: 19.01.2010, 19:30    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Meine Frau und ich waren uns bei Heirat vor 10 Jahren von vornherein einig : keiner wechselt die Staatsbürgerschaft.
Ging auch nicht.
Ich war deutscher Landesbeamter und bin es bis zum letzten Atemzug („Beamter auf Lebenszeit“), „gehöre“ damit sozusagen mit Pension und Beihilfe mit Haut und Haar dem Staat.
In Vietnam wollten wir bauen. Das konnte mit Zertifikat nur meine Frau, ich nicht. Das konnte sie auch nur als Vietnamesin.
Wir hatten keine Bekannten in der Mischung wie wir in Deutschland.
Wir hatten mehrere Bekannte, Frau und Mann vietnamesisch, alle aus dem Süden Vietnams. Tüchtig, fleißig, strebsam und für den Hausbau in Vietnam sparend in Deutschland, am gleichen Ort oder in unmittelbarer Umgebung.
Meine Frau hat in Saigon gebaut, noch schnell vor dem Februar 2008, bevor Vietnam in die WHO kam. Danach stiegen die Grundstückspreise in Saigon sprunghaft in die Höhe; es wäre für uns unerschwinglich gewesen. Die rein vietnamesischen Bekannten in Deutschland verpassten das vor dem Februar 2008 erschwingliche Bauen in Vietnam. Ihr mühsam Erspartes reichte nicht mehr. Es reicht heute noch weniger, auch wenn es hier auf dem Konto mehr wird. Die Enttäuschung bei ihnen war riesig, ist es heute noch. Und die Enttäuschung und Wut der erwartungsvollen Verwandten in Vietnam ist es auch.
Wir verloren den Kontakt zu den vietnamesischen Bekannten in Deutschland, da sich deren Enttäuschung auch meiner Frau gegenüber entlud. So etwas wie Neid, ohne dass ich ihnen durch dieses Wort weh tun möchte. Sie wandten sich von uns sichtbar ab. Nur die rein südvietnamesische Arztfamilie an unserem Ort verblieb im Bekanntenkreis. Sie haben am Ort in Deutschland gebaut.
Meine Frau ist keine Intellektuelle. Sie hat in ihrer Jugendzeit keine Schule in Saigon besuchen können. Ihre 10 Geschwister sind allesamt einfache Menschen in südvietnamesischen Dörfern,Kleinstädten und in Saigon, die das Leben meistern und das Überleben studieren. Meine Frau hatte als Mädchen aber privaten Unterricht. Für mich hatte sie in aller Eile 1998 in Saigon Englisch gelernt. In Deutschland machte sie an der VHS den für die Daueraufenthaltsberechtigung obligatorischen Deutschunterricht mit anschließender „Prüfung“ im Ausländeramt. Ich lerne jetzt vietnamesisch, unerlässlich für das Verständnis der Kultur und Anpassungskriterium Nummer1 für länger im fremden Land Lebende.
Meine Kinder aus erster Ehe habe ich bis zu deren 30. bzw. 27. Lebensjahr studieren lassen (Medizin ; Sozialpädagogik). Ein „Kind“ wollte noch darüber hinaus von mir für ein zusätzliches Studium unterhalten werden. Als ich darüber mit ihnen verhandeln wollte und gleichzeitig noch eine Vietnamesin heiratete, verklagten sie mich. Sie sahen ihr mögliches Erbe durch eine, wie sie annahmen, Asiatin „aus dem Katalog“ bedroht und wollten mich zwingen. Zuletzt sah ich meine leiblichen eigenen , hochintellektuellen Kinder im Gerichtssaal. Nach 10 Minuten vor sichtlich erregter Richterin hatte ich den Prozess gewonnen. An Menschlichkeit im Zusammenhang mit den Kindern verloren. An Härte „gewonnen“. Dann begann die Zeit, dass die Tochter meiner Frau und ihr neu vermählter Ehemann in Saigon uns auf Unterstützung drängten, wie ich es schon beschrieben habe. Die Tochter in Amerika meldete sich auch .Ich hatte die Saigoner Tochter 1998 aus der Anstalt Fatima im Norden Saigons geholt; sie war auf Entzug von Heroin dort gewesen. Eine lange Geschichte für sich !
Niemand erzähle mir mehr von sanften Modellen des Umgangs. Egal ob in Vietnam oder in Deutschland. Egal in Nord oder in Süd. Ich will meiner Frau und mir noch fünf oder zehn Jahre Überleben retten. Und für unsere Enkel in Saigon sorgen und vorsorgen . Ich habe den zweiten Band meines persönlichen, nicht zu veröffentlichenden Buches „Heimat in der Fremde“ , bisher 400 Seiten, mit deutschen Familienfotos ab 1908, vietnamesischen Familienfotos ab 1954, zu schreiben begonnen. Es verarbeitet die Erfahrungen von Anpassung auf beiden Seiten meiner jetzigen Familie und unserer Bekannten. Gelingender, gelungener, nicht gelingender, nicht gelungener Anpassung in unterschiedlichen Konstellationen und auf beiden Seiten. Anpassung einer Deutschen an Verwandte in nordvietnamesischem Dorf ist nicht dabei. Durch Cathrin habe ich gelernt, wie man es besser NICHT machen soll.

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AndyNguyen




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BeitragVerfasst am: 19.01.2010, 19:37    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Schick mir ne Nachricht wenn das Buch auf dem Markt ist. Da möchte ich schon zu den ersten Lesern gehören.
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(dt.: Jeder ist für seine Taten selbst verantwortlich)

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Waldo
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BeitragVerfasst am: 19.01.2010, 19:41    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Mir bitte auch.
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Catinat
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BeitragVerfasst am: 19.01.2010, 21:56    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Tut mir leid. Auszugsweise gebe ich hier ja schon hier und da was zum Besten. „Heimat in der Fremde“ wird nie publiziert werden. Weil ich mich dann nur noch mit Prozessen auf Unterlassung, auf Verleumdung etc. herumschlagen würde. Vielleicht sind Passagen auch nicht immer politically correct. Wer weiß. Meine noch mir zur Verfügung stehende Lebenszeit von fünf oder vielleicht zehn Jahren möchte ich aber ruhig und sittsam – und mit Schreiben im Bistro in Saigon – verbringen. Es liegt als USB-Stick mit Schlüsselwort bei meinem Rechtsanwalt und wird nach meinem Tod meinen Kindern und den deutschen Enkeln übergeben. Falls sie das wünschen. Für jedermann öffentlich zugänglich wird es 30 Jahre nach meinem Tod sein. Dann genießt Cathrin hier schon lange ihre Rente im Ruhestand und interessieren tut sich dann echt kein Schwein mehr dafür, Waldo.
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gui lin
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BeitragVerfasst am: 20.01.2010, 07:54    In der weiten Welt Antworten mit ZitatNach oben

Ja das is bitter , jeder von uns hat eine story die seiten fuellen wuerden , ich bin der Meinung das Du das buch unbedingt veroeffentlichen solltest, , Hast Du schon einmal von einem kuenstlernamen gehoert ,dann wissen die lieben ja gar nicht wer es geschrieben hat
und koennen dich ja ncht verklagen , aber Sie haben die Moeglichkeit sich mit Dir in verbindung zu setzen und ihre fehler einzugestehen , allerdings ist das schwer bei den Deutschen Gemuetern, Falls Du mal jemanden brauchst ich bin hier in der stadt im moment zwar in dalat um die zungenbrecheriche sprache zu lernen , da ich keine schule mag bin ich auf den berg gekommen ausserdem ist es nicht so warm wie da unten ,
Ich lebe schon seit 30 jahren im ausland und breue es nicht , meine familie ist auch nicht so ganz sauber ich stufiere sie als Deutsche super EGOISTEN ein , nur meine Mutter die freut sich jedes jahr ueber meine geburtstags wuensche und jetzt war sie voellig baaafff das ich ausgerechnet nach VIETNAM gegeangen bin , ich spreche alle europaeischen sprachen und versuche hier irgent etwas sinnvolles zu tun , Ich habe versucht bei de ong s reinzuschauen aber die sind ja voellig abgeschottet und wollen nur Geld vorort arbeit ist irgendwie unerwuenscht (kann ich mir gar nicht erklaeren ) Die haben al antwort nur eine kontonr und web seite uebermittelt. Wenn Du mal einen gute idee hast um was aus der toten zeit zu machen las von dir hoeren ..... gruss G:

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gui lin
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BeitragVerfasst am: 20.01.2010, 07:58    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

ps. die Mutter von einem freund war Krankenschwester in Canada , sie sagt:
"Die schwierigste zeit im leben sind die 50ziger , wenn Du schon bis 60 kommst Kannst Du auch bis 100Jahre alt werden ."

Hey Alter schmeiss das Handtuch nicht zu frueh...... Salud G

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Catinat
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BeitragVerfasst am: 20.01.2010, 09:19    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Danke. Da kann ich ich ja hoffen !
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Waldo
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BeitragVerfasst am: 20.01.2010, 09:51    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Genau: Totgesagte leben länger.
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Cetan
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BeitragVerfasst am: 20.01.2010, 11:18    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

« Catinat » hat folgendes geschrieben:
Tut mir leid. Auszugsweise gebe ich hier ja schon hier und da was zum Besten. „Heimat in der Fremde“ wird nie publiziert werden. ... Es liegt als USB-Stick mit Schlüsselwort bei meinem Rechtsanwalt und wird nach meinem Tod meinen Kindern und den deutschen Enkeln übergeben. Falls sie das wünschen. Für jedermann öffentlich zugänglich wird es 30 Jahre nach meinem Tod sein. ...


Hallo Catinat!
Meinst du, dass nicht andere Menschen von einer Veröffentlichung eines solchen Werkes bedeutend mehr haben als die eigenen Verwandten? Ohne dir zu nahe treten zu wollen: In deinen Beiträgen erwähntest du ja schon, dass der Kontakt zu deinen leiblichen Kindern und Enkeln bereits seit Jahren abgebrochen ist. Mit ein wenig Menschenkenntnis betrachtet, darf man da bezweifeln, ob sich eine solche Haltung und Ablehnung sich im Falle deines Ablebens (sorry, dass ich dies hier so schreiben muss) ändern würde. Wohl kaum! Wen also interessiert ein solches Stück erzählte Lebensgeschichte dann? Eigentlich nur diejenigen, die zu einem solchen Thema durch ihre Beziehung zu Land und Leuten Vietnams ebenfalls einen engeren Bezug haben!
Ich selbst (auch schon ein klein wenig älter Winken ) lebe nach der Weise: Was nützt den Alten ihr Wissen, wenn sie es nicht dazu benutzen, es an jüngere weiterzugeben? Natürlich lässt sich das Erlebte eines einzelnen Menschen nicht uneingeschränkt auf einen anderen projizieren, aber zum Nachdenken, Vergleichen und zur Anregung reicht es dennoch oft. Man hilft damit, anderen teilweise bitteres Lehrgeld zu ersparen und einen weniger mühsamen Weg zu gehen, als man es selbst vielleicht musste. Denk mal darüber nach. Winken

Cetan

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Catinat
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BeitragVerfasst am: 20.01.2010, 16:13    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Danke, Cetan. Deine Gedanken sind wirklich nützlich und bewirken, dass ich mir deutlicher klar machen muss : Wann ist es in mir "reif", damit heraus zu treten ? Im Augenblick : fasziniert und füllt mich das Schreiben, der Prozess, manchmal, wie jetzt, in D, manchmal, ab Anfang März wieder, in VN, noch voll aus. Es ist, wie "Schweben". Aber ich bin noch nicht reif zu mehr als nur Schreiben für mich. Ich habe zwei tolle Freunde aus einer Freundschaft über nun 60 Jahre - etwas unfaßbar Kostbares ! Denen habe ich Passagen vorgelegt. Die Wirkung war erst mal völlig überraschend für mich : Nein, das bist du nicht. Das habe ich nicht von dir gewusst, nicht geahnt. Das bist du doch nicht. Bis : ...Das hast du dir ausgedacht. Fazit : jeder sieht dich, mich so, wie ER meint, dass ich wäre und immer gewesen wäre. Alles andere beunruhigt sehr. Ich müsste das ganze überarbeiten, Originalnamen, Daten, Orte ändern und Teile meiner politischen Einstellung, z.B. früher, eventuell weglassen. Das kommt mir noch vor wie verstümmeln. Und, noch nicht reif, weil ich in der letzten Woche meinen 97jährigen Vater beerdigt habe. Darum bin ich auch noch im Reich der ü-Strichelchen. Mein Verhältnis zu ihm verändert sich seitdem spürbar. Das muss noch wachsen. Zwei Jahre bestimmt. Ich ahne ja schon, was passieren wird : nicht meine Kinder, nein, meine Enkel wird es eines Tages nicht mehr halten und sie werden immer dringlicher fragen : ja, wer war denn nun dieser Opa von uns ? Komm, lass uns diesen Kauz doch mal in, wo wohnt er noch? besuchen. Aber eine Entscheidung ist noch nicht endgültig getroffen. Nur : jetzt auf keinen Fall ! Ich möchte unten gleich noch auf das engere Thema "Anpassung" konkreter eingehen, da ich merke, es entgleitet sonst. Schönen Dank auf jeden Fall, Catinat
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Catinat
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BeitragVerfasst am: 20.01.2010, 16:26    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Liebe Cathrin. Wie verhalte ich mich im Rahmen von Verwandtschaft oder mit dazu kommender Bekanntschaft bei kleinen Sachen wie Sitzordnung und bei wichtigen Sachen wie z.B. Entscheidung über Schulbesuch eines Kindes in dörflichen Gemeinschaften im Norden
und im Süden Vietnams ? Das Wochenende - in z.Zt. wg. eines Todesfalles in D - habe ich mich bei meiner Frau in VN telefonisch erkundigt, was wohl im Norden wie Süden in Stadt oder auf dem Land für Verhaltensmuster konkret zu empfehlen sei. Sich als AusländerIn anzupassen ohne sich zu verbiegen. Das häufigste Konfliktpotential mit entsprechenden Verhaltensregeln in ihrem Leben war : Sie hatte Schulden bei Bekannten und wollte im Gespräch erreichen, diese (noch) nicht zurückzahlen zu müssen; und : sie hatte Geld geliehen und wollte erreichen, dass sie es zurück bekam. Wie verhält man sich da im Gespräch ?
Grundsätzlich gilt : phong tuc. Ich selbst weiß aber auch nach dem nicht so ellenlangen Gespräch (biallo.de : nur „mit Ansage“ nutzen (!); heute : 01045 Haus und 01032 Mobifone vor der 84 ; morgen : andere Billignummern mit Ansage) eigentlich nicht, was da alles reingehört.
Es müssten, das ist klar, grundsätzlich die Regeln des phong tuc eingehalten werden. Dabei ist das mit der Sitzordnung wirklich das läppischste aller Probleme. Der Gastgeber hat ein großes Interesse daran, dass seine Einladung harmonisch verläuft. Sie, meine Frau, stellt sich mit der ältesten Person oder dem Gastgeber an den noch leeren Stühlen auf und weist ganz zwanglos die Plätze „angebotsweise“ zu. Alles andere regelt sich von selbst. Am unproblematischsten ist, wenn Kinder dabei sind, die erst mal alles schön in Unordnung bringen. Das lockert die Förmlichkeit des phong tuc. Für mich als Gastgeber ist es wichtig, dass ich nach etwa einem Drittel der Zeit der Gesellschaft mich erhebe, das Wort an den dann „Dienstältesten“ in meinem Kreis übergebe, aufstehe und zu einem der anderen Kreise , die sich als weitere „Runde“ in der Gesellschaft gebildet hat, gehe und Konversation mache. Und so weiter, auch die Kinderrunde mit dem Hausmädchen wird bedacht, am besten zuletzt, dann kann man auf seinen früheren Platz mit dem ältesten der Kleinen zusammen zurückkehren, ihn – eventuell auf dem Schoß – und stolz den anderen „Alten“ präsentieren und alsbald zurückschicken. So bekommt im Laufe seiner Kindheit jedes Kind „automatisch“ einen bleibenden Eindruck von der Tischsitte. Man sollte dem Kind besser nicht übers Haar streichen, wie es in Europa üblich ist. Aber auch diese alte Regel ist nicht mehr so streng. Frauen dürfen beim Kind „anfassen“, knuffen, Backe zwicken, als Mann: besser nicht – dafür : Würde ausstrahlen ! Sich lachend am Kindlichen erfreuen.
Und sonst ist alles relativ einfach. Es richtet sich nach dem, was man erreichen will; das Verhalten ist also ziel- bzw. erfolgsorientiert.
Angenommen, ich will wirklich erreichen, dass es zum Bruch kommt. Ganz einfach das „Modell Catinat“ (s. oben in einem anderen Beitrag von mir) anwenden. Hat auch im südlichen Dorf bei BenTre bei einer Schwester meiner Frau, die uns vorher vor den Kopf gestoßen hatte und die wir jetzt „loswerden“ wollten vorzüglich funktioniert. Jetzt ist die Beziehung „auf Eis“ – und das war auch unsere Absicht.
Angenommen, ich wäre jung und in einer Angelegenheit anderer Meinung als die älteren . „Schnauze halten“ (und trotzdem eine gute Miene aufsetzen) heißt das probate Mittel auf deutsch – und sich seinen Teil denken bzw, später das machen, was ich wollte, auch ohne Zustimmung der Alten. Ist die Strategie unserer Tochter und des Schwiegersohns. Wurde bei unterschiedlichen Meinungen zum Schulbesuch der Enkel uns Älteren gegenüber erfolgreich praktiziert. Wenn das Problem in eine größere Runde kommt : nur die Alten diskutieren das Problem echt, die Jüngeren halten sich vorwiegend raus, setzen ein klug wirkendes Gesicht auf, nicken und hören zu. Und machen in der Wirklichkeit draußen dann das, was sie wollen. Das Modell nenne ich mal kurzerhand „Schnauze halten!“. Versteht jeder Deutsche.
Knifflig wird es bei einem Problem wie o.a., wie bekomme ich mein verliehenes Geld zurück ? Die Chancen dafür sind äußerst schlecht. Das Thema kann im Gespräch auch nur indirekt angegangen werden und verlangt viel Fantasie und Wortgewandtheit. Und Geduld. Manchmal über Jahre oder ein Jahrzehnt.
Umgekehrt ist man dann in der günstigen Position, sich vom augenblicklichen Zurückgeben geliehenen Geldes wegreden zu können. Man stellt in Aussicht, etwa anzurufen – aber der Anruf erfolgt nie.
Mir ist aufgefallen, und zwar positiv und in beabsichtigter Verallgemeinerung : Vietnamesen lügen nie (gut: die berüchtigten Ausnahmen bestätigen die Regel) ! Viel weniger als Europäer sagen sie die Unwahrheit. Eine strenge Erziehung, die Schläge bei den Kindern beiden Geschlechts zulässt, bewirkt das auch. Sie umgehen oder verschieben dafür lieber Aspekte der Wirklichkeit. Es ist unangenehm, in eine Situation gedrängt zu werden, wo man sich bei unangenehmen Sachen , z.B. Schulden, für ein Ja oder Nein entscheiden muss. Und dann glaubt, lügen zu müssen. Man sollte das berücksichtigen und akzeptieren. Auch keinen Rechtfertigungsdruck erzeugen und keine umständlichen rationalen Erklärungen.
Empfehlung an Su-tu. Erst mal hier im Forum wieder auftauchen, bitte. Cathrins kluge Regel beherzigen : jeder findet seinen Zugang oder Abgang selbst. Es gibt tausend Möglichkeiten. Aber konkret : die Sitzordnung ruhig einhalten. Bei brenzligen Problemen wie , ihr möchtet euer Kind auf die internationale Schule schicken : nicken, abwägen, nicht widersprechen, nicht auf die schon geleisteten Anpassungsanstrengungen verweisen, beim Gespräch ablenkend vom Besonderen aufs Allgemeine oder vom Allgemeinen aufs Besondere schwenken. „Modell Schnauze halten“. Und am nächsten Tag das Kind in der internationalen Schule anmelden. Später fällt einem immer eine nicht so weitschweifige, prägnante „Rechtfertigung“ ein. (War gerade ein Platz frei. Billige Grundgebühr. Der Weg ist so nah. Ich kenne die Lehrerin persönlich ….).
Naja, das sind so ein paar einfache konkrete Sachen, „Strategien“, die wohl im Norden wie im Süden, in der Stadt wie auf dem Land angewandt werden können. Meint meine Frau. Falls Cathrin nicht ganz andere Erfahrungen gemacht haben sollte.

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Cathrin
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BeitragVerfasst am: 20.01.2010, 17:22    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Grundsaetzlich bin ich der Meinung, dass man sich bei den kleinen Dingen anpassen, aber bei wichtigeren Sachen durchaus auch seinen eigenen Weg suchen sollte. Ich lebe ganz sicher nicht 100prozentig wie ein vietnamesisches Maedchen. Das wird von meinem engsten Umfeld auch gar nicht erwartet, auch von der Verwandschaft auf dem Lande nicht. Trotzdem habe ich ueberhaupt kein Problem damit, mich an gewisse Regeln wie die Sitzordnung zu halten. Ich wuerde auch nie in einem kurzen Rock durch das Dorf laufen, was in Hanoi aber ohne weiteres moeglich ist.

Der Schulbesuch der Kinder ist eine so wichtige Entscheidung, dass auch ich mir da nicht reinreden lassen wuerde. In Sachen Internationale Schule bin ich aber eher ein gebranntes Kind. Ich habe mich dort ueberhaupt nicht wohl gefuehlt, nach nur zwei Monaten auf der Hanoi International School wieder "gekuendigt" und bin lieber auf eine ganz normale vietnamesische Schule gegangen. Aber das war vor ueber 11 Jahren. Sicher ist es es jetzt ganz anders, bestimmt aber auch teuerer als damals. Diese Entscheidung steht aber bei mir in den naechsten Jahren garantiert noch nicht an.

Viele Gruesse
Cathrin

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Waldo
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BeitragVerfasst am: 20.01.2010, 17:54    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Hallo Cathrin,

unverhofft kommt oft.

Gruß

Waldo

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