Unzufrieden mit aktueller Situation

**Gast** Anmeldungsdatum: 28.01.2011 Beiträge: 22

Liebe Community,

ich weiß nicht wo ich genau anfangen soll zu erzählen. Bei mir herrscht momentan ein ziemliches Durcheinander. Seit Beginn der Semesterferien bin ich wieder zu Hause bei meinen Eltern und ich bin einfach nur noch genervt und traurig zugleich. Während des letzten Semesters bin ich nur ein Mal heimgefahren um mir nicht alles anhören zu müssen.

Meine Mutter sagt mir die ganze Zeit, dass ich zu dick bin (okay, da hat sie nicht ganz Unrecht: ich wiege 54 kg bei einer Größe von 1,55). Ich versuche derzeit auch abzunehmen und meine Ernährung umzustellen. Das ist aber meiner Meinung nach trotzdem kein Grund mich mindestens 2 Mal am Tag auf die Waage zu stellen und mich dazu zwingen vietnamesische Diätsendungen im Internet anzuschauen. Wenn wir unterwegs sind, sagt sie immer: Wow, hat die und die einen schönen Körper. Hm, wann wird meine Tochter jemals einen genauso schönen Körper haben?

Nach der Grundschule habe ich auf Wunsch meiner Eltern ein Mädchengymnasium besucht, weil sie befürchtet haben, dass ich sonst einen Freund bekommen würde. Bis jetzt hatte ich mit meinen 20 Jahren auch noch nie einen. Bis vor ein paar Monaten hatte meine Mutter immer gesagt: Keinen Freund bevor du einen Master hast. Jetzt auf einmal sagt sie zu mir, dass ich mich modischer kleiden soll, ich sähe total altmodisch aus mit einer Kleidung, nichts vernünftiges, sondern wie eine "con nhà quê". Ich persönlich finde meinen Kleidungsstil zwar nicht ultra-inn, aber ganz in Ordnung, eher unauffällig wie viele meiner Kommilitoninen und teile einfach nicht den Geschmack meiner Mutter. Sie ist der Meinung ich solle mit High-Heels aus dem Haus gehen, damit ich größer wirke. Ich habe aber überhaupt keine Lust mit solchen Schuhen in die Uni zu gehen. Sie sagt mir, weil ich doch hässlich bin, soll ich mich wenigstens besser kleiden. Ihre Freundinnen sagen auch, dass ich hässlich bin, nicht ausschaue wie eine Vietnamesin, sondern wie jemand aus Laos oder Kambodscha, weil ich so braun bin und eine große Nase habe. Einerseits macht mich das furchtbar traurig, so etwas zu hören, andererseits bin ich auch dankbar, dass es so ehrliche Leute gibt, damit ich weiß wo ich dran bin. Meine Mutter sagt mir immer, dass es nichts positives an mir gibt. Ich sei hässlich, nicht eloquent und habe schlechte Noten. So werde mich nie jemand heiraten wollen. Sie sagt immer, dass andere Vietnamesinnen in meinem Alter so redegewandt und hübsch sind. Jetzt erzählt sie mir fast täglich, dass sie früher sehr sehr hübsch war (ich finde sie jetzt immer noch hübsch Smilie

) und sehr viele Verehrer hatte....Ihr Wunsch ist es jetzt, dass ich sofort einen Vietnamesen nach meinem Master heirate. Deutsche kommen für sie nicht in Frage, weil sie Beziehungen nicht so ernst nehmen würden, eine Ansicht, die ich überhaupt nicht teile. Aber mit meiner Mutter über jegliche Themen zu diskutieren bringt gar nichts, denn sonst heißt es wieder sofort ich sei ein ungezogenes Kind, das ihr widerspricht.

Mit meinen deutschen Freundinnen kann ich schlecht über das Thema reden, ich glaube dafür ist mein Problem doch zu "vietnamesisch". Vietnamesische Freunde ich auch wirklich keine, weil ich eigentlich nur mit Deutschen groß geworden bin.

Ich liebe meine Mutter über alles aber zu Hause fällt mir einfach die Decke auf den Kopf und ich bin froh, wenn das neue Semester wieder beginnt. Ich muss sagen mein Selbstbewusstsein leidet extrem darunter. Könnt mir mich ein wenig verstehen? Oder bin ich einfach noch zu naiv? Danke an alle, die sich die Mühe gemacht und meinen Beitrag durchgelesen haben Smilie

.

Anmeldungsdatum: 05.07.2011 Beiträge: 165

Es ist traurig, dass deine eigene Mutter so zu dir spricht. Allerdings fürchte ich, so ein Verhalten ist "typisch asiatisch", so dass deine Mutter vielleicht nur das tut, was viele ihrer Freundinnen und Landsleute tun.

Ich bin Deutscher und habe so etwas bei Asiaten bisher nicht oder nur anfanghaft erlebt. Aber von dem, was andere Leute mir erzählt haben, kommt mir das sehr bekannt vor.

So ganz Unrecht hat deine Mutter ja nicht. Unter manchen Aspekten nehmen Deutsche Beziehungen wirklich nicht so ernst (unter anderen, Vietnamesen aber auch nicht). Und ich halte es prinzipiell auch für gut, wenn man sich in jungen Jahren auf die Schule und das Studium konzentriert. Andererseits ist es schon krass zu sagen "keinen Freund vor dem Master". Und was ich absolut nicht ertragen könnte, wäre diese abrupten Wechsel... erst so, dann um 180° gedreht.

Und dann dieses ewige Herunterputzen und Vergleichen mit anderen. Das könnte ich nicht einen Tag lang aushalten. OK, ich bin natürlich Deutscher, da empfinde ich es vielleicht stärker als ein Asiate. In Asien können sich Höhergestellte in dieser Hinsicht mehr erlauben, "weil sie es ja nur gut meinen". Aber irgendwann muss auch eine asiatische Mutter einmal einsehen, dass es ihre Tochter verletzt und nicht geeignet ist, aus ihre eine selbstbewusste und lebensfrohe junge Frau zu machen (was sie ja will, dass du wirst).

Warum kannst du nicht mit deinen deutschen Freundinnen darüber sprechen? Wenn du eine gute Freundin hast, dann hast du ihr sicherlich auch von deinem kulturellen Hintergrund erzählt. Hast du gar keine Deutsche, die dich verstehen kann?

Was sagt dein Vater eigentlich dazu? Und hast du Geschwister? Wie sieht es denn bei denen aus? Das würde mich einmal interessieren...

**Gast** Anmeldungsdatum: 28.01.2011 Beiträge: 22

Hallo Be-Wu,
vielen lieben Dank für deinen Beitrag.

Ich weiß nicht, ob ich meinen deutschen Freundinnen davon erzählen soll.....

Auf meinen Vater kann ich leider nicht zählen. Er interessiert sich nicht für mich, nur für meinen kleinen Bruder. Als meine Mutter mit mir schwanger war, wollte er sie dazu drängen mich abzutreiben, weil ich ein Mädchen bin...Er war nicht auf meiner Abiturfeier, obwohl ich eine Eins vorm Komma hatte und einen dicken Blumenstrauß bekommen habe, statt nur einer Sommerblume wie die anderen. Man ist ja nie gut genug, es sei denn der Schnitt reicht für ein Medizinstudium. Er hat sich geweigert mir seine Unterlagen für meinen Bafögantrag zu geben bis ihn das Bafögamt angeschrieben hat, er solle seine Unterlagen einreichen, sonst drohe im Paragraph xy. Er weigerte sich mir seine Unterlagen zu geben, die ich für meinen Einbürgerungsantrag benötige. Ich kann noch weitere Punkte aufzählen.
Die Ehe meiner Eltern ist schon seit 12 Jahren im Eimer. Seitdem wir das 1. Mal in Vietnam waren. Danach gab es nur noch Streit. Mein Bruder war zu dem Zeitpunkt 3, ich 8. Einmal hat er meine Mutter sogar halbtot geschlagen und wir flüchteten ins Frauenhaus. Mein Vater bat sie aber um Verzeihung, alles würde besser werden blablabla. Meine Mutter kehrte mit uns Kindern zu ihm zurück. Sie wurde nie wieder geschlagen (Gott sei Dank!), aber der Streit hört nicht auf.
Es ist unerträglich schlimm in Streit aufzuwachsen, vor allem mein kleiner Bruder tut mir Leid, aber wenigstens haben beide Elternteile ihn lieb. Er ist 15 und meine Mutter meckert auch bei ihm, aber es geht eher nur um Schule. Bei mir geht es um ALLES!!! Ich finde es einfach nur schrecklich, wenn meine einzige elterliche Bezugsperson, meine Mutter, in letzter Zeit nur an mir rummeckert...
Meine Mutter will sich nun endgültig von meinem Vater trennen. Ich denke mir mittlerweile, dass die alles nur noch besser werden kann und nicht schlechter

Verfasst am: 11.09.2012, 13:07 (Kein Titel)

Hallo redtomato,

zunächst einmal : Lass Dir von niemandem, auch nicht von deiner Mutter, einreden, dass Du hässlich bist. Schönheit liegt im Auge des Betrachters, und so viele Betrachter, wie es auf der Welt gibt, so viele Meinungen über Schönheit gibt es.

Dann : Ich bin mir sicher, dass Deine Mutter im Grunde nur das Beste für Dich will. Dass dies in Deinem beschriebenen Falle solch negative Auswirkungen hat, liegt daran, dass Deine Mutter "das Beste" aus Ihrer Sicht definiert. Für sie ist es, wie für viele asiatische Mütter dieser Generation, sehr wichtig, dass Du gut verheiratet bist, dann hat sie ihre Aufgabe erfüllt, und kann Dich in die Obhut des hoffentlich guten Ehemannes abgeben. Damit glaubt sie, Dich bestmöglich in Dein weiteres Leben zu entlassen.

Aber : Es reicht nicht, es gut zu meinen, im Gegenteil, "gut gemeint" ist oft die kleine Schwester von "schlecht gemacht". Dennoch glaube ich, dass ohne eine vorherige Trennung und ein darauffolgendes Zurückkehren und Vertragen ein Gespräch mit Deiner Mutter wenig bringt, da Sie an diesem Vorhaben manisch festhalten wird.

Ich denke, dass Du, abgesehen von Deiner schwierigen familiären Situation, einen ganz normalen Emanzipationsprozess durchleben musst, nämlich das Erkennen und Erschaffen von eigenen Wertigkeiten und Wertvorstellungen abseits derer Deiner Mutter. Das kann (und wird wahrscheinlich) zumindest für eine gewisse Zeit zum Bruch mit ihr führen, dies ist aber in meinen Augen notwendig, um ihr (neu) auf Augenhöhe gegenübertreten zu können. Jetzt bist Du für sie immer noch die "kleine Tochter". Der Bruch muss nicht notwendigerweise stattfinden, aber ich habe es mehrfach so erlebt.

Leider kann Dir hier keiner eine Patentlösung für all das bieten, denn neben der Tatsache, dass wir hier nur aus unserer eigenen Erfahrungen ohne Anspruch auf Richtigkeit raten können, ist es so, dass Du diesen Weg selbst gehen musst - das kann Dir niemand abnehmen.

Aber sei Dir sicher, dass Du zumindest unser Mitgefühl für Deine schwierige Situation hast - das ist zwar sicher in der Sache nicht wirklich hilfreich, tut aber vielleicht trotzdem ganz gut.

Zu dem Thema, ob Du mit Deinen Freundinnen darüber reden solltest : Unsere wichtigste Begabung im Unterschied zu den anderen Lebewesen auf dieser Erde ist die Fähigkeit, miteinander zu reden. Wenn Du mit anderen Personen über diese Probleme redest, wirst Du sicher auch mal feststellen, dass da Menschen dabei sind, die nicht wie erwartet reagieren. Das hilft, die Freundinnen zu sortieren. Aber im Ganzen wird es sicher neue Ideen und Sichtweisen bringen, und Dir helfen, mit der Situation umzugehen.

"It doesn't have to be like this. Our greatest hopes could become reality in the future [...] All we need to do is make sure we keep talking. " (Stephen Hawking, benutzt von Pink Floyd im Song "Keep talking")

(Übersetzung : Dies muss alles nicht sein. Unsere gewagtesten Hoffnungen könnten in Zukunft wahr werden [...] Alles, was wir dafür tun müssen, ist sicherzustellen, dass wir weiter miteinander sprechen.)

Grüße von Chris !

Verfasst am: 11.09.2012, 13:19 (Kein Titel)

@redtomato:

Ich kenne jemanden, der viele Mühe gibst, um schlank zu werden.
Zum Schluss ist sie in einen Kungfu-Sportverein eingetreten und nach 1 Jahr ist sie so schlank, dass sie neue Hosen kaufen muss.

Also nicht wie hin.

Empfehlenswert: Wing-Tsun-Kungfu. Es macht Spass ohne Stress und ohne Kampfprobe bestimmt.

**Gast** Anmeldungsdatum: 28.01.2011 Beiträge: 22

Hallo Chris,

danke für deine aufmunternden Worte und deinen Ratschlag.
Ich weiß nicht, ob ich mich trauen würde, mit meiner Mutter auf einer Augenhöhe zu stehen. Eher nicht Smilie

. Dafür ist die vietnamesische Erziehung zu sehr in mir verankert und habe ich viel zu viel Respekt vor ihr. Ich weiß das klingt jetzt paradox. Einerseits möchte ich wirklich "ausbrechen", andererseits habe ich viel zu viel Angst vor den Konsequenzen.
Mal schauen was die Zeit bringt Traurig

Verfasst am: 11.09.2012, 13:36 (Kein Titel)

Verfasst am: 11.09.2012, 13:54 (Kein Titel)

« Humanität » hat folgendes geschrieben:

Ich kenne jemanden, der viele Mühe gibst, um schlank zu werden.
Zum Schluss ist sie in einen Kungfu-Sportverein eingetreten und nach 1 Jahr ist sie so schlank, dass sie neue Hosen kaufen muss.

Also nicht wie hin.

redtomato muss nicht abnehmen. 55kg bei 1.55 finde ich total ok. Trotzdem hilft Sport vielleicht einfach als Ausgleich und um dem Alltag zu entfliehen. Insofern ist das vielleicht eine hilfreiche Idee. Insbesonder auch deswegen, weil redtomatos Mutter, die ja fälschlicherweise ein Gewischtsproblem annimmt, das als "Sie gibt sich Mühe abzunehmen" interpretieren könnte.

Den Statements von Nam und Chris schliesse ich mich an.

Verfasst am: 11.09.2012, 15:14 (Kein Titel)

Verfasst am: 11.09.2012, 18:47 (Kein Titel)

Guck mal.

Eine Vietnamesin Xuan-Mai ist als Kungfu-Sifu ernannt worden.

http://www.youtube.com/watch?v=GhxulMELAZ8

**Moderator** Anmeldungsdatum: 02.06.2012 Beiträge: 983

@"Nam und Chris",

Du hast mit Deinem letzten Eintrag mir aus der Seele gesprochen!

csab

Verfasst am: 04.02.2013, 20:24 (Kein Titel)

Liebe redtomato,

deine Mutter hat bestimmt Angst, dass du nicht heiratest. Vorher hatte sie Angst, dass ein Freund zu früh ist und die Schulleistungen schlecht werden - nun bekommt sie vielleicht Panik?!

Ich kenne eine Vietnamesin, der das Gegenteil von ihrer Mutter dauernd vorgehalten wurde, z.B. zu gelbe Haut, zu mager, soll mehr essen, so kriegt sie keinen Mann und Mutter bekommt keine Enkelkinder...
Wir sind halt alle durchschnittliche Menschen, so dass wir gar nicht perfekt sein können und schon gar nicht dem, was unseren Eltern so manchmal vorschwebt;)
Das Herumkritisieren von vietnamesischen Eltern ist oft sinnlos, da sie Sachen kritisieren, die entweder nicht erfüllbar sind oder dabei keine Hilfe leisten oder wirklich konstruktive Ratschläge geben.
Deine Mutter hat dich zu schulischen Höchstleistungen "motiviert", aber durch Kritiken ein sehr schlechtes Gefühl zum eigenen Ich und Körper verursacht (?).

Irgendwie ist man da einerseits Kind, soll aber trotzdem bei erwünschten Sachen emanzipiert und selbstständig sein.
BTW wir kommen ja nicht aus dem Nichts, sondern stammen von unseren Eltern ab;) ...Nase, Augen, Haut, Größe - alles ihr Verdienst!

Einfach Ignorieren. Am Äußeren gemessen zu werden ist nicht nett und unsere Eltern sind ja auch nicht gerade Filmstars, aber egal...das schmeißt man ihnen nicht an den Kopf;)

Versuche Alternativen für dich zu finden: was findest du schön, praktisch oder toll. Was ist dir im Leben wichtig?
Wie wichtig ist dir das eigene Aussehen überhaupt?
Oder sind dir deine Eigenschaften, Fähigkeiten und Eigenheiten wichtiger?
Wäre es nicht besser tolle Fähigkeiten durch Hobbies zu haben? Beste Köchin im Freundeskreis oder supergut anderen Leuten zuhören können?
Was mögen Freunde an dir?
Wie fühlst du dich wohl?

Dass du dich selbst akzeptierst, ist am wichtigsten.
Mach dir keine Selbstvorwürfe und ändere nur das, was du ändern möchtest und kannst.