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 Die Legende vom Ursprung der vietnamesischen Nation

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Cathrin
Gast










BeitragVerfasst am: 23.04.2010, 14:15    Die Legende vom Ursprung der vietnamesischen Nation Antworten mit ZitatNach oben

Heute ist der 10. Tag des dritten Mondmonats. An diesem Tag wird in Vietnam der Gedenktag fuer die Hùng-Koenige (Giỗ Tổ Hùng Vương) begangen, der seit 2007 offizieller Feiertag ist. Deshalb heute mal ein Ausflug in die Hồng Bàng-Dynastie (2919-258 v.d.Z.).

Nach einer Sage wird Koenig Kinh Dương als Urahne des vietnamesischen Volkes bezeichnet. Er wurde unter dem Namen Lộc Tục als einer von zwei Soehnen von Đế Minh, eines Urenkels des mythischen Kaisers und Ahnherrn des Ackerbaus Thần Nông, und einer Goettin geboren. Đế Minh teilte sein Reich unter seinen Soehnen auf. Lộc Tục bekam den suedlichen Teil, den er als Kinh Dương Vương etwa 2000 Jahre vor Beginn unserer Zeitrechnung regierte. Kinh war mit der Tochter des Koenigs Thần Long verheiratet und diese gebar ihm einen Sohn namens Sùng Lãm, der spaeter als Thronfolger den Namen Lạc Long Quân annahm. Lạc Long Quân nahm Âu Cơ, die Tochter eines Mannes namens Đế Lai zur Frau. Âu Cơ brachte einen Sack mit hundert Eiern zur Welt, woraus einhundert Soehne schluepften. Diese wurden die Urahnen der Bách Việt und Âu Cơ wird auch heute noch als die "Urmutter" aller Vietnamesen bezeichnet.

Eines Tages sagte Koenig Lạc Long zu seiner Frau Âu Cơ: "Ich bin Drache und du eine Fee, das ist wie Feuer und Wasser. Unser Beisammensein ist zu schwierig." So nahmen sie Abschied voneinander. Fuenfzig Soehne gingen mit der Mutter in die Berge, die anderen fuenfzig zogen mit dem Vater in den Sueden ans Meer (gemeint ist das Delta des Roten Flusses). Der aelteste Sohn wurde zum Thronfolger ernannt und unter dem Namen Hùng Vương (Koenig Hùng) bekannt.
Er gab seinem Reich den Namen Văn Lang und teilte es in 15 Regionen auf (in Klammern die heutigen Bezeichnungen).

Văn Lang (Bạch Hạc, Vĩnh Phú)
Giao Chỉ (Hà Nội - Hưng Yên, Nam Định, Ninh Bình)
Vũ Định (Thái Nguyên - Cao Bằng)
Vũ Ninh (Bắc Ninh)
Lục Hải (Lạng Sơn)
Nình Hải (Quảng Yên- Quảng Ninh, Hải Phòng)
Tân Hưng (Hưng Hoá - Tuyên Quang)
Phúc Lộc (Sơn Tây)
Chu Diên (Sơn Tây)
Dương Tuyền (Hải Dương)
Cửu Chân (Thanh Hóa)
Hoài Hoan (noerdliches Nghệ An)
Cửu Đức (suedliches Nghệ An und Hà Tĩnh)
Việt Thường (Quảng Bình, Quảng Trị)
Bình Văn (Hải Dương)

Diese Regionen sind also die "Wiege" der Vietnamesen. Von dort aus sollten sie Jahrhunderte spaeter ihren "Marsch in den Sueden" antreten, das Reich Champa besiegen und das Mekong Delta besiedeln.
Die Heimatprovinz meiner vietnamesischen Familie, Thái Bình, ebenfalls im Delta des Roten Flusses gelegen, war damals uebrigens wie einige andere Teile des Landes noch vom Meer bedeckt und wurde deshalb erst spaeter besiedelt.

Die Nachfolger des Koenigs Hùng hiessen auch Hùng Vương und so gab es insgesamt 18 Hùng Koenige (in Klammern die Geburtsnamen).

1 Kinh Dương Vương (Lộc Tục)
2 Lạc Long Quân (Sùng Lâm)
3 Hùng Quốc Vương (Lân Lang)
4 Hùng Diệp Vương (Bảo Lang)
5 Hùng Hy Vương (Viên Lang)
6 Hùng Huy Vương (Pháp Hải Lang)
7 Hùng Chiêu Vương (Lang Liêu Lang)
8 Hùng Vi Vương (Thừa Vân Lang)
9 Hùng Định Vương (Quân Lang)
10 Hùng Uúy Vương (Hùng Hải Lang)
11 Hùng Chinh Vương (Hưng Đức Lang)
12 Hùng Vũ Vương (Đức Hiền Lang)
13 Hùng Việt Vương (Tuấn Lang)
14 Hùng Aánh Vương (Chân Nhân Lang)
15 Hùng Triều Vương (Cảnh Chiêu Lang)
16 Hùng Tạo Vương (Đức Quân Lang)
17 Hùng Nghị Vương (Bảo Quang Lang)
18 Hùng Duệ Vương (Huệ Lang)

Die 18 Generationen der Hùng-Koenige umfassen einen Zeitraum von 2000 Jahren. Dies gibt Anlass zu Zweifeln. Es gibt viele Erklaerungsversuche. Einer davon lautet: Die Zahl 18 ist und alle Vielfachen von 9 sind nach der Ueberlieferung mystische Zahlen mit symbolischer Bedeutung und als solche nicht auf herkoemmliche Weise mathematisch exakt uebertragbar. Ausserdem kann man 18 Koenigsgenerationen wohl auch als "lange Folge" im Sinne von Dynastien verstehen.

Einige Historiker vertreten die These, dass es insgesamt 88 Hùng-Koenige gegeben haben soll, von denen aber nur 18 namentlich ueberliefert sein sollen. Doch auch 88 Koenige decken diesen Zeitraum noch lange nicht ab. Zweifel sind also weiterhin angebracht.

Der Staat Văn Lang der Hùng-Koenige war der erste embryonale Staat Việt Nams. Er war noch sehr primitiv, aber er konnte die Menschen zusammenfuehren. Aufgrund des guten Verhaeltnisses der Menschen innerhalb dieser Gemeinschaft formte sich das Bewusstsein zur Gesellschaft und zu den Landsleuten. Die Menschen fingen an, die Beziehungen zwischen Mensch und Natur zu verstehen. Sie erkannten die Staerke einer Gemeinschaft bei den Be- und Entwaesserungsarbeiten, beim Austausch von Produkten und im Kampf zum Schutze der Doerfer des Landes. Hùng Vương nannte seine Zivilbeamten lạc hầu und die Heerfuehrer lạc tướng, die Prinzen quan lang und die Prinzessinen mị nương. Die niederen Beamten bekamen den Titel bồ chính.
Die Hauptstadt des Reiches soll sich in der Naehe des Zusammenflusses von Rotem, Schwarzem und Klarem Fluss nordwestlich von Hà Nội befunden haben. Das Gebiet gehoert heute zur Provinz Phú Thọ. Im Đền Hùng, dem dort errichteten Tempel zu Ehren der Hùng-Koenige findet jedes Jahr vom 8.-10. Tag des dritten Mondmonats ein grosses Tempelfest statt.

Viele Gruesse
Cathrin

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Catinat
Gast










BeitragVerfasst am: 23.04.2010, 19:05    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Das ist mal wieder ein sehr schoener Beitrag. Danke. Ich habe schon auf ihn gewartet, da unsere Familie,besonders die Gruppe der Kinder , in SaiGon diese Tage feiert. Ich habe darauf bestanden, dass man den Schulkindern in der Britischen Internationalen Schule die Geschichte wenigstens erzaehlt. Ich benoetige dringend ein Sagenbuch der alten Sagen Vietnams, egal ob in englisch, franzoesisch, deutsch oder spanisch.
Vielleicht kann mir jemand bei der Suche behilflich sein. Ich habe nur ein kleines, sehr altes, zerfleddertes Heft mit , literaturwissenschaftlich wuerde man die Geschichten als “Fabeln” einordnen, sprechendem Tiger usw. von vor 9 Jahren aus einem Antiquariat in Vietnam. Leider zur Zeit in Deutschland.
Und die Geschichten von Thich Nhat Hanh wie “Der Mondbambus” sind modernisierte “Kunstsagen”, keine “echten” Sagen, wenn auch literarisch wertvoll.
Einen Anfang in Europa in italienischer und deutscher Sprache haben http://www.bibmondo.it/att/vietnam/index.html mit I Piatti del Re e altre storie dal Vietnam bzw. Die Speisen des Koenigs und andere Geschichten aus Vietnam , 2007 ( Rechte bei : Sinnos editrice, Sinnos Cooperativa Sociale a r. – ONLUS, Via dei Foscari, 18 – 00162 Roma, www.sinnoseditrice.com ) gemacht.

Die Geschichte von Koenig Hung VI und seinem Sohn Lieu, der durch die Eingebung des Geistes Tien die Speisen Banh Chung und Banh Day erfand und dadurch Koenig wurde, habe ich muehevoll ins Englische uebersetzt und der Schule zur Verfuegung gestellt.

Wer kennt eine Sagensammlung Vietnams in einer der Sprachen ?
Dankbar : Catinat

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Catinat
Gast










BeitragVerfasst am: 24.04.2010, 05:06    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Herzlichen Glueckwunsch allen Vietnamesen in aller Welt zum Giỗ Tổ Hùng Vương . Aus der Fuelle der bei Youtube angebotenen Filmclips nur diese zwei, wobei der aus Montreal von den amerikanischen Clips noch der am wenigsten provokativste erschien. Darum. An Festtagen soll man sich gemeinsam freuen.
Montreal / Canada :
http://www.youtube.com/watch?v=u_LX2HwFTSc&feature=related

Nghia Linh Mountain, Hy Lang Commune, Phong Chau Dist., Phu Tho Province :
http://www.youtube.com/watch?v=na0GnjibqOw&feature=related
Glueckwunsch, Catinat

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Micha L






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BeitragVerfasst am: 24.04.2010, 08:24    Re: Die Legende vom Ursprung der vietnamesischen Nation Antworten mit ZitatNach oben

« Cathrin » hat folgendes geschrieben:
Einige Historiker vertreten die These, dass es insgesamt 88 Hùng-Koenige gegeben haben soll, von denen aber nur 18 namentlich ueberliefert sein sollen. Doch auch 88 Koenige decken diesen Zeitraum noch lange nicht ab. Zweifel sind also weiterhin angebracht.


Natürlich ist die Zahl 2000 legendär überhöht. Einen Historiker, der die Anzahl der Könige dieser legendären Zahl anpaßt, geht nicht wissenschaftlich vor.
Die Altersangaben der alttestamentarischen Erzväter oder der ersten Könige der Sumerischen Königsliste (bis über 1000 Jahre) nimmt auch keiner für bare Münze.

Legenden haben selbstverständlich einen realen Hintergrund. Aber konkrete Angaben kann man nicht als historisch hinnehmen. Welcher der 18 "Könige" (der spätere Begriff bezeichnet sicherlich Stammesführer) tatsächlich existierte, weiß niemand. Ganz sicher ist die Liste tradiert und es gab bestimmt noch weitere Persönlichkeiten. Aber mit Zahlenspielereinen von 18-88-2000 hat das nichts zu tun.

Der Grund für solche Zahlen ist der Wunsch, die Nation besonders alt und damit bedeutend erscheinen zu lassen. Das haben auch die Chinesen und die anderen alten Völker getan.
Heutzutage verführt dieses Bestreben zur Überbewertung dieser legendären Angaben.
Ein Bekannter von mir, Grieche aus Kreta, wollte mir mit der fragwürdigen Gleichung Kreta = Atlantis, verbunden mit dem bekannten Märchen Platons ernstlich weißmachen, daß die Kreter das älteste Volk der Welt wären, seit über 10.000 Jahren.
Ernstzunehmende Historiker distanzieren sich von solchem Wunschdenken.

Gruß

Micha

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Cetan
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BeitragVerfasst am: 24.04.2010, 12:55    Re: Die Legende vom Ursprung der vietnamesischen Nation Antworten mit ZitatNach oben

« Micha L » hat folgendes geschrieben:
...
Natürlich ist die Zahl 2000 legendär überhöht. Einen Historiker, der die Anzahl der Könige dieser legendären Zahl anpaßt, geht nicht wissenschaftlich vor.
Die Altersangaben der alttestamentarischen Erzväter oder der ersten Könige der Sumerischen Königsliste (bis über 1000 Jahre) nimmt auch keiner für bare Münze....


Hallo Micha L!
Natürlich gäbe es mit Sicherheit einige Abweichungen von solchen Zahlen, wenn sie sich wissenschaftlich genau überprüfen liessen, doch so abwegig ist die Korrektheit solcher Angaben dennoch nicht. Was sind schon 2000 bzw. 4000 Jahre? Nicht mehr als ein Lidschlag in der Weltgeschichte! Der Stammbaum allein meiner Vorfahren lässt sich über 700 Jahre zurückverfolgen, bevor sich die Angaben im Ungewissen verlieren; wieviel mehr lässt sich das bei den verschiedenen alten Herrschergeschlechtern dieser Welt belegen?! Was die Alterangaben einzelner oben genannter biblischer Stammväter und sumerischer Könige betrifft, so gebe ich dir recht. Doch diese Angaben sind meist durch die spätere Fehldeutung von Namen bzw. deren Verallgemeinerung als Herrschertitel entstanden. Winken

Cetan

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nguoi yeu cua Phuong
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BeitragVerfasst am: 24.04.2010, 17:55    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Also ich hab ja nun nicht wirklich einen Plan von vietnamesischer Geschichte. Aber es interesiert mich schon.

Also bei Wikipedia geschaut. Irgendwie komme ich nicht so ganz auf 2000 Jahre.

Aus dieser Kultur ging Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr. das erste bekannte Königreich der Việt (chin. 越 Yuè), genauer der Lạc Việt, Văn Lang, hervor. Dieses Reich umfasste den größten Teil des heutigen Nordvietnam.

Am Ende des 10. Jahrhunderts bricht in China die Tang-Dynastie zusammen. Annam nutzt die Schwächephase, um sich der chinesischen Macht zu entziehen. Der erste vietnamesische Staat entsteht nach der Schlacht am Bạch Đằng-Fluss 938 in Nordvietnam unter dem Strategen Ngô Quyền. Bis 968 wird der Staat unter Dinh Bo Linh konsolidiert; bis 1009 wechseln sich jedoch mehrere kurzlebige Dynastien an der Macht ab.

Die letzten zwei Absätze sind Zitate aus Wikipedia, Geschichte Vietnams.

Von etwa 500 v. Chr. bis 938 sind etwa 1500 Jahre. Bei den erwähnten 88 Königen eine durchschnittliche Regierungszeit von 17 Jahren pro König.

Wenn man sich weiter die Dynastien, Könige und Kaiser von Vietnam anschaut, das KÖNNTE schon so passen mit 88 Königen in 1500 Jahren.

MfG

Matthias und Phượng

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Catinat
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BeitragVerfasst am: 24.04.2010, 18:05    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Ist auch nicht so leicht.
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Catinat
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BeitragVerfasst am: 24.04.2010, 18:06    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Ueber die Urspruenge der Staatenbildung von Vietnamesen im teils legendaeren Văn Lang (Hán tự: 文郎) von 2879 BC bis 258 BC gibt es zur Zeit eigentlich keinen ernsthaften Dissenz mehr. Man drueckt das vorsichtig mit einem vorlaeufigen “Es wird vermutet, dass … “ aus. So lange, bis neue Forschungen neue Erkenntnisse liefern. Die Radiokohlenstoffdatierung hilft anderen Quellen schon auf die Spruenge . Und mit der Datierung mittels Scherben und anderen Relikten kennen sich die Experten aus. Das ist durch den naturwissenschaftlichen Zweig der Archaeologie schon recht gut abgesichert. Noch spricht nichts gegen die “Vermutung” eines Alters von fast 4900 Jahren des “Beginns” (?) einer “staaten”aehnlichen Entwicklung. (Von 2879 vor Chr. bis 2010 nach Chr. = 4889 Jahre rein rechnerisch).
Auch hier gehen die Begriffe fuer zwei ganz unterschiedliche Quellen(text)formen etwas durcheinander : Legende oder Sage ? Die Urspruenge sind ja lange Zeit keine aufgeschriebenen Texte, sondern erzaehlte Textformen, die sich in der Fruehzeit mischen. Auch daraus, dem Inhalt und dem Mischverhaeltnis, zieht man Schluesse, auch auf die Entstehungszeit.
Eine spaetere, aufgeschriebene Quelle noch : Đại Việt sử ký toàn thư (Đại Việt Complete History) aus dem 15. Jhdt. , neben chinesischen Aufzeichnungen. Die erste Organisation einer Gemeinschaft Văn Lang hatte danach als Hauptort Phong Châu, gelegen in der Phú Thọ Provinz.

Die alleraeltesten Flurbezeichnungen, die sich nur wenig aendern, oder aber wenn sie sich aendern, wichtige Ereignisse bezeugen, sind die Flussnamen. Manchmal geht auch eine datierbare Sprachverschiebung, wie sie in allen Sprachen nachzuweisen ist , an ihnen vorueber. Auch der Sprachforscher ist an den Untersuchungen mitbeteiligt. Zu seinen Feldforschungsaufgaben gehoert auch, die Flussgegend mit entlegenen oder schwerer zugaenglichen Orten abzuklappern und Menschen zuzuhoeren : manchmal wird sogar noch ein jahrtausend Jahre altes Namensrelikt fuer den Fluss (nebenher) benutzt. Ich erwaehne dies nur, weil gerade die besagte Gegend fuer die Menschen und Gemeinschaften sehr von den Baechen und Fluessen bestimmt worden ist.
Mir als interessiertem, dilettantischem Laien ist schon ganz nuetzlich ( besonders mit den Literaturangaben unten) : http://en.wikipedia.org/wiki/V%C4%83n_Lang
Hilfreich in aehnlicher Weise ist fuer mich auch : http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_Vietnamese_monarchs .

Die anderen als die Zeitraeume angebenden und nachpruefbaren “Zahlen” haben Symbolwertcharakter, klar. Sie sollen “erhoehen”, so wie Jesus zum verwandten Abkoemmling Davids mit kunstvollen Stammbaeumen gemacht wird. Ein bekannter Vorgang der Herrschaftslegitimierung in allen Kulturen. Durchweg “geschoent”, verklaert, wird in der meist spaeter einsetzenden schriftlichen “Hofberichterstattung” die teilweise brutale und blutige Machtausuebung der jeweiligen eigenen Herrschaft.
Freundliche Gruesse, Catinat

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nguoi yeu cua Phuong
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BeitragVerfasst am: 24.04.2010, 18:39    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

« Catinat » hat folgendes geschrieben:
Noch spricht nichts gegen die “Vermutung” eines Alters von fast 4900 Jahren des “Beginns” (?) einer “staaten”aehnlichen Entwicklung. (Von 2879 vor Chr. bis 2010 nach Chr. = 4889 Jahre rein rechnerisch).

Freundliche Gruesse, Catinat


Hi Catinat,

bei den von Cathrin erwähnten Hung Königen geht es ja nur um einen Teil der vietnamesischen Geschichte. Da gab es vorher die Dong Son Kultur. So um 500 v.Chr. müssen dann wohl die Hung Könige aufgetaucht sein.

Danach gibt es in der deutschen Wikipedia auch etliche Dynastien die da beschrieben sind.

Macht so etwa 1500 Jahre. Dazwischen war Vietnam mehrmals eine Provinz oder ein Protektorat Chinas. Gab es da einen vietnamesischen König zu diesen Zeiten?

MfG

Matthias und Phượng

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Cathrin
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BeitragVerfasst am: 24.04.2010, 19:03    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Es geht hier tatsaechlich nur um die Hùng-Koenige, ihre Hồng Bàng-Dynastie und den Staat Văn Lang. Der existierte von 2919 (andere Quellen sprechen von 2879 bzw von 3079) bis 258 vor Beginn der Zeitrechnung. Das sind nach meinem Verstaendnis der Mathematik weit mehr als 2000 Jahre.

Im Jahre 258 v.B.d.Z. wurde der letzte Hùng-Koenig von Thục Phán, dem Herrscher des Reiches Âu Việt besiegt, der als Koenig An Dương Vương den Thron bestieg und die Reiche Văn Lang und Âu Việt zum Staat Âu Lạc vereinigte. Alles was jetzt kam, hatte mit den 88 Hùng-Koenigen nichts mehr zu tun.

Viele Gruesse
Cathrin

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nguoi yeu cua Phuong
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BeitragVerfasst am: 24.04.2010, 19:53    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Nach nochmaligem googeln lichtet sich das Dunkel in meinem Kopf etwas. Lachen

Der Wikipedia Eintrag zur Geschichte Vietnams hat mich etwas verwirrt. Da ist die Rede von Sa-Huynh-Kultur 1500 v.Chr. mehr in Küstennähe und Dong Son im Delta des roten Flusses. Der deutsche Eintrag bei Wikipedia schreibt nicht soviel von der Hong Bang Dynastie.

Gibt es Zusammenhänge zwischen Dong Son und Hong Bang? Existierte das nebeneinander?

Ich versteh das immer noch nicht so ganz.

MfG

Matthias und Phượng

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Catinat
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BeitragVerfasst am: 24.04.2010, 19:55    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Ja , gut. Ich muss manchmal reagieren auf die Frage von Leuten :”Wie alt ist eigentlich Vietnam?” Die Frage waere wissenschaftlich jetzt natuerlich sehr differenziert zu beantworten. Die Leute wollen aber eine “klare” Antwort. Fuer mich, und nicht nur fuer mich sondern auch bei einigen Artikeln in Wikipedia zum Beispiel, “beginnt” die gelenkte, organisierte Gemeinschaftsform unter Verstaendigung mit einer vietnamesischen Sprache und unter einer Herrschaft mit dem “legendaeren” 2879 ( auf das noch aeltere 2919 oder gar 3079 wollte ich mich garnicht erst einlassen) vor Christus. Diese Kulturgemeinschaft, die unter der Hung-Dynastie 2879 minus 258 = 2621 Jahre lang sich entwickelte, wurde durch den Sieg des Koenigs An Dương Vương doch nicht mit Stumpf und Stiel ausgerottet, sondern mit den Âu Việts vereinigt und unter dem Namen Âu Lạc weitergefuehrt. Die zum Teil sehr langen chinesischen Einbrueche bringen die Weiterbildung dieser “vietnamesischen” Kultur auch nicht ins Wanken. Fuer die “Vietnamesen” aus dem Văn Lang – Reich und aus dem Âu Việt – Reich geht es doch Generation um Generation immer weiter, gleichgueltig, wer auch gerade ihr Herrscher sei. So komme ich auf die insgesamt ungefaehr 2879 vermuteten Jahre bis zur “Zeitenwende” und zaehle die seitdem vergangenen 2010 Jahre dazu, komme dann auf insgesamt 4889 Jahre vietnamesischer Geschichte. Ich sage den erstaunten Leuten, die mich fragen, also : “Fast 5000 Jahre.”

In einem anderen Thread hier im Forum ging es um ein Interview mit dem iranischen Herrn Ahminadsched. Er sagte – in dem fuer mich eigentlich staerkeren Teil seiner Ausfuehrungen - : “Wir Perser schauen auf eine 7000 Jahre alte Geschichte zurueck.” Da hatte er Recht !
Mit freundlichen Gruessen, Catinat

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Micha L






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BeitragVerfasst am: 24.04.2010, 19:58    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Hallo Leute,

die Angabe 2879 v. Chr. beruht natürlich auf legendären Zahlen, ganz einfach weil 2879 keine runde Zahl ist. In dieser Ära kann es nur runde Zahlen geben. Man muß dabei berücksichtigen, daß die Hung-Dynastie der Legende entnommen ist, während die Dong-Son-Kultur eine archäologische Kategorie darstellt. In wieweit sie einander entsprechen, darüber kann man nur spekulieren. Von keinem Hung-König gibt es einen Original-Beleg, d.h. keine Inschrift oder dergleichen. Folglich sind Zahlen wie 2879 v. Chr. nichts als Schall und Rauch und so viel Wert wie die "Erschaffung der Welt am 18. März 3952 v. Chr." auf Grund der Angaben des Alten Testaments.

Die Zahl 2879 v. Chr. entstammt der Schrift "Dai Viet su ky toan" von Ngo Si Lien aus dem 15. Jh. Sie entstand in Anlehnung an chinesische mythische (!) Regierungsdaten in der Absicht, Vietnams Geschicht ebenso alt zu machen wie die legendäre (!) chinesische. Die ganze Rechnung hat also keine reelle Grundlage. Deshalb auch der Threadtitel.
Reell sind archäologische Daten, nach denen um das 7. Jahrhundert vor Christus verschiedene nordvietnamesische Kulturen unter dem Einfluß der ältesten Bronzekultur, der Dong-Son-Kultur, vereinigt wurden.

Ein wissenschaftliches Standardwerk über das früheste Vietnam ist "The Birth of Vietnam" von Keith Weller Taylor, Professor of Vietnamese Studies, mit dem ich im Briefwechsel stand.

Gruß

Micha

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Catinat
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BeitragVerfasst am: 24.04.2010, 21:57    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Der von Micha benannte und verdienstvolle Keith Weller Taylor setzte sich 1976 intensiv mit der Geschichte Vietnams auseinander, benutzte dazu sauber die ihm zugaenglichen schriftlichen Quellen und schreibt u.a. in seinem Werk “ The Birth of Vietnam” , S.7 : Vietnamese archeologists date the beginning of their civilization to the Phung-nguyen culture of the late third millennium B.C., which flourished in the region later called Me-linh.” Die dabei angelegten Trends “fanden ihren Hoehepunkt (culminated) in der Dong-son Zivilisation”. . Seine Sichtweise ist auf die eigenstaendige Entwicklung Vietnams in Abhebung zu China im Rahmen der 12 Jahrhunderte vom 3.Jhdt. BC bis zum 10.Jhdt AC fokussiert.
Seine Erkenntnisse zu einem “historischen Vietnam”, das durch schriftliche Quellen belegbar ist, habe ich mit Vergnuegen zur Kenntnis genommen. Ebenso : dass vietnamesische Historiker in Einklang mit 18 vergangenen Generationen seit der ersten schriftlichen Aussage ueber Viet su luoc in einer Quelle aus der Zeit des chinesischen Koenigs Chuang of Chou (696 – 682) ihre Geschichte um 18 Hung-Koenige zurueckrechnen, haelt Taylor auf S. 3 fuer eine “reasonable supposition”. Eine vernuenftige Annahme.
Warum nicht “spekulieren”? Legenden, Sagen, die muendlich ueberliefert werden, sind fuer mich das krasse Gegenteil von “Schall und Rauch”, sind Bestandteil der uralten Kultur, in der die Versuche, sich zeitlich zu orientieren, sicherlich irgendwann “verbessert” werden. Aber in Bausch und Bogen abzuwerten, weil noch nichts Genaueres vorliegt, halte ich fuer vermessen, ja blind.
Heinrich Schliemann hat sich in vielem geirrt und auch manches kaputt gemacht. Seine Zeitberechnungen stimmten auch nicht. Und den Schatz des Agamemnon hielt er auch nicht in der Hand, obwohl er daran glaubte. Aber : ohne seinen bedingungslosen, leidenschaftlichen, unwissenschaftlichen Glauben an die Wahrheit der Sage waeren Troja, Mykene und Tiryns vielleicht immer noch unerforscht.
Fuer mich ist “Vietnam” fast 5000 Jahre alt und damit fast 4000 Jahre aelter als “Deutschland” !
Gruss, Catinat

Online    
Micha L






Anmeldungsdatum: 19.11.2003
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BeitragVerfasst am: 24.04.2010, 23:40    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Hallo Catinat,

die Quelle meiner Ausführungen ist auch das Buch von Taylor, speziell auf Seite 4.

Daß Legenden Schall und Rauch sind, habe ich nicht gesagt.
Aber ich sagte das zurecht über die damit verbundenen aufs Jahr genauen Regierungslängen.
So haben Schliemanns Ausgrabungen und die damit verbundene Bestätigung griechischer Sagen ebensowenig die Richtigkeit der antiken Berechnung des Trojanischen Krieges (1194-84 v. Chr.) bewiesen. Im Gegenteil. Noch heute streiten die Gelehrten über den Zeitpunkt und darüber, ob es überhaupt einen Trojanischen Krieg gab. Möglicherweise wurde da mehrere Ereignisse zusammengefaßt.

Eine “reasonable supposition” ist für Taylor lediglich der Vorgang der Rückrechnung durch alte vietnamesische Geschichtsschreiber (in einer Zeit als Geschichtsschreibung nicht gänzlich wissenschaftlich im heutigen Sinne war). Selbstverständlich sind die verwendeten Zahlen deswegen nicht real. Das meint Taylor nicht.

Abgesehen davon, daß es unmöglich ist, daß aus der Zeit ohne Schrift irgendwann etwas "Genaueres" auftauchen könnte, konnten die alten Gelehrten natürlich nur mit dem rechnen, was ihnen damals zur Verfügung stand und was sie für ihr Idealbild dazuerfanden.

Natürlich begann die vietnamesische Kultur noch früher, im Neolithikum. Aber damals gab es noch keine einheitliche Dynastie, noch nicht einmal Könige. Eine einigende Königsdynastie war eben auch erst im 7. Jh. v. Chr. möglich, mit dem archäologischen Erscheinen der ersten Bronzekultur, die Nordvietnam erstmals einigte.

Äpfel mit Birnen verglichen ist, wenn man bei Vietnam ab den alten archäologischen Funden rechnet und bei Deutschland erst ab Gründung des Reiches durch Heinrich I.
Wenn, dann muß man die Reichseinigungen gegenüberstellen.
In Vietnam passierte das gem. archäologischem Nachweis im 7. J.h. v. Chr. Erst ab diesem Zeitpunkt war die Hungdynastie möglich, wenn sie tatsächlich über das ganze damalige Land herrschte. Reicht sie weiter zurück, so war sie als Teilherrschaft nicht bedeutender als die sächsischen Herzöge vor Heinrich, über deren Geschichte wir aber reelle Daten besitzen.

Dein Schlußsatz offenbart mit Verlaub die gleiche Wunschvorstellung wie bei den alten vietnamesischen Geschichtsschreibern: Vietnam möge mindestens gleich bedeutend sein oder noch bedeutender als ... Die Stelle von China nimmt bei Dir Deutschland ein.
Dabei begann die vietnamesische Staatlichkeit tatsächlich früher als die deutsche. Aber auf den Beginn der selbst legendär überhöhten chinesischenn kann man sie heute nicht mehr hochpuschen.
Diese Anpassung an die chinesische Legende belegt, daß die ältesten Jahresdaten eine Erfindung sind.

Gruß

Micha

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